Hans Stracke, Graz: Doppelvortrag „Altamerikanische Kulturen und gegenwärtige Fragen“ in Hannover am 05.03.2010
Hans Stracke führt uns in dem Vortrag nach Mesoamerika, das er auf mehreren Reisen und durch gründliches Literaturstudium erkundet hat. Mit dem Begriff „Mesoamerika“ (nicht Mittelamerika) meint er einen Kulturraum, in dem bestimmte Kulturgüter verbreitet sind, insbesondere:
1. Stufenpyramiden, deren Spitzen durch einen Tempel abgeschlossen wurden;
2. Ballspielplätze, die im Grundriß wie ein langgestrecktes “H” aussehen;
3. ein ausgeklügeltes Kalendersystem;
4. Bilderhandschriften, die entweder aus Hirschleder oder aus speziellem Papier bestehen und ziehharmonika-artig zusammengelegt waren;
5. Grabstöcke, die als wichtigstes Ackerbaugerät verwendet wurden.
Geographisch gesehen erstreckt sich dieser Kulturraum vom Mexiko südlich des Rio Grande über Guatemala , Belize (früher “Britisch Honduras”), El Salvador bis zu den nordwestlichen Teilen von Honduras, Nicaragua und Costa Rica,
S. auch Wikipedia.
Anmerkung des Referenten: Hans Stracke hat mir dankenswerterweise sein Manuskript zur Verfügung gestellt – vom dem ich hier wesentliche Teile wiedergebe. Bei den folgenden Auszügen habe ich die „Ich-Form“ des Vortragenden belassen. Die hier gezeigten Bilder – es sind nicht dieselben, die Hans Stracke während des Vortrags projiziert hat – habe ich aus dem Netz zusammengesucht; meist sind es Bilder mit Common-Creative-Lizenz, die ich hier also ohne Rückfrage verwenden darf. Die Quellen gebe ich an. Und noch eine Bemerkung: Der Artikel ist für einen Blogbeitrag ungewöhnlich lang; deshalb habe ich ihn aufgeteilt, also bitte weiterlesen. Außerdem findet sich der Vortrag am Schluss als PDF-Datei zum Herunterladen - wer den Vortrag also lieber in der Form auf dem eigenen PC lesen mag, der möge sich die Datei herunterladen.
Vera Cruz: Als Ausgangspunkt mag Vera Cruz – das “wahre Kreuz” - am Golf von Mexiko dienen, die Hafenstadt, nach der heute auch der mexikanische Bundesstaat benannt ist. Einst landete hier Hernán Cortéz (1519), der spanische Eroberer Mexikos. Und 1914 ließ US-Präsident Wilson die Stadt besetzen und griff damit in die mexikanische Revolution ein.
Bild: Cabeza olmeca (Olmec Head ); La Venta Park, Villahermosa. Tabasco. This colossal head is 2.4 m high (9 ft) and is officially known as Monument 1. Photo taken by Hajor, July 2001. Released under cc.by.sa and/or GFDL.
Olmeken: Südlich des mexikanischen Bundesstaates Vera Cruz, schon im Teilstaat Tabasco, aber ganz nahe der Grenze zum Teilstaat Vera Cruz, befindet sich der Ort La Venta mitten in den Sümpfen an der Golfküste Mexikos. La Venta gilt als das Zentrum der ersten vorkolumbischen amerikanischen Kultur: Es war die der Olmeken, auf der mehr oder weniger alle folgenden mesoamerikanischen Kulturen aufbauten. - So wurde z. B. schon dort eine Pyramide aus gestampftem Lehm errichtet.
Olmeca bedeutet "Leute aus dem Gummiland, d.h. dort wo der Gummibaum wächst" (nach Hassler); Olmikas sind nach einer anderen Deutung die „Leute, die aus weißem Stoff uli (Gummi) machen“ (Popol Vuh p. 205).
Die heutige Wissenschaft datiert die Olmeken-Kultur in die Zeit des Präklassikums, ca. 1500 v. Chr. bis 200 n. Chr. –
Sie seien die Erfinder der Schrift und des Kalenders, sowie des Zahlensystems gewesen.
Wer die Olmeken waren, weiß man nicht sicher. Man vermutet, dass es entferntere Verwandte der Mayas waren (Mixe oder Zoque).
Besonders kennzeichnend für die Kultur der Olmeken sind riesige steinerne “Monumental-Köpfe”.
Auffallend an diesen Köpfen ist, dass sie ausgesprochen “negroide” Gesichter aufweisen, d. h. sie haben recht wulstige Lippen und sehr breite Nasen. Und hier beginnen die RÄTSEL:
– WARUM haben die Olmeken diesen Skulpturen solche Gesichter gegeben?
- Gibt es Anhaltspunkte dafür, daß die Olmeken VIELLEICHT DOCH irgendwie mit Schwarzafrikanern genetisch verwandt waren? –
- Außerdem: Die Steine (Monolithe), aus denen diese Skulpturen geschaffen wurden - oder mindestens die Skulpturen in fertigem Zustand – mussten von weit her (etwa 100 km) in die Gegend von La Venta herangeschafft werden - WARUM das? –
- Und WIE sind sie, die bis zu 25 Tonnen wiegen, hertransportiert worden?
- Eine weitere FRAGE ist: WARUM beginnt die mesoamerikanische Kultur eigentlich erst so relativ spät – gerade auch im Vergleich mit den Kulturen im orientalisch-afrikanischen Bereich, also z. B. Babylon, Aegypten, aber auch etwa im chinesischen Raum?
- FRAGEN aus anthroposophischer Sicht:
Wurden die altamerikanischen Kulturen vielleicht – so ähnlich wie z. B. die germanische Kultur – “zurückgehalten”, damit sich dort – im mesoamerikanischen Raum – etwas Besonderes entwickeln konnte?
- Und WENN dem so wäre: WORIN BESTEHT DIESES BESONDERE?
- Und weiter ergibt sich aus anthroposophischer Sicht die FRAGE, ob etwa die Olmeken vielleicht Nachfolger der von Steiner gemeinten “Ur-Tolteken” sein könnten, die Steiner als Träger der 3. Atlantischen Kultur nennt, die dann nach Westen wanderten, so ähnlich, wie die Veden (ebenfalls nach Steiner) eigentlich nur “Nachklänge” der von Steiner gemeinten “ur-indischen” Kultur sind. – Aus Sicht der heutigen Wissenschaft ist zu sagen, dass das Volk, welches man als “Tolteken” kennt, mit den Azteken – mindestens sprachlich verwandt ist: Diese Tolteken sprachen Nahuatl, eben die Sprache der Azteken. Aus diesem Grunde vermute ich, dass sie nichts mit den von Steiner gemeinten “Ur-Tolteken” zu tun haben.
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Bild: Statuette totonaque (600-1200 + JC). Musée d'Auch. Fotograf Vassil, am 24.7.07 für alle Zwecke unter Public-Domain-Lizenz freigegeben.
Totonaken: Nicht weit von den Olmeken, eben im Teilstaat Vera Cruz, natürlich auch am Golf von Mexiko, lebten und leben die Totonaken, ein heute kleiner Volksstamm, verwandt mit den Maya; man könnte sogar sagen, ein Maya-Stamm, der die weitere Wanderung der anderen Maya-Stämme nicht mehr mitgemacht hat, sondern sich “unterwegs” selbständig, d. h. sesshaft machte. – Die Totonaken hatten den Spaniern - Hernán Cortés – mit Tausenden von Kriegern geholfen, die Azteken zu besiegen. Sie waren damals unter der Herrschaft der Azteken.
Die Totonaken waren eine der bedeutendsten Kulturgruppen Mesoamerikas. Charakteristisch war bei ihnen der Brauch der “Zahnfeilung”, der bewirkte, dass die oberen Schneidezähne gegenüber den anderen betont werden. Ein weiteres Charakteristikum war der Brauch, den Schädel eines Neugeborenen durch Brettchen so zu schienen, dass daraus eine künstliche Abflachung des Schädels entstand.
Bild: Fliegende Tänzer in El Tajín Fotograf: Frank C. Müller Aufnahmedatum: 13.07.2005; Aufnahmeort: El Tajín bei Papantla, Mexik. CC-Lizenz
Voladores, Sonnenbaumtanz der Totonaken: Wer heute Mexiko besucht, kann – wenn er Glück hat, - als “Sehenswürdigkeit” die so genannten “Voladores” sehen. Diese “Danzas de los voladores - Tänze der Flieger” sind heute noch in den nördlichen Provinzen sehr beliebt.
Es gibt mehrere Gruppen, die diesen “Tanz” aufführen. Wohl die ursprünglichsten kommen zu bestimmten Zeiten aus dem Totonaken-Tiefland bei Vera Cruz nach Teotihuacán (nördlich von Mexiko-City).
Auf der Spitze eines hohen Mastes (bis 20 m) befindet sich eine drehbare Einrichtung, eine Art “quadratischer Rahmen” und eine Art “Trommel” um den Mast herum, auf welcher vier Seile aufgewickelt sind. Fünf Männer, in einer besonderen Tracht gekleidet, besteigen den Mast, vier befestigen dann je ein Seil an ihrem Körper und stürzen sich von dem Rahmen aus kopfüber in die Tiefe. Zunächst “hängen” sie also - die Füße nach oben – an den Seilen. Beim Abstoßen setzen sie die “Trommel” in Bewegung, so daß sich durch die Drehung die Seile langsam abwickeln und die Männer karusselähnlich auf den Boden schweben, während der fünfte oben auf der Spitze das Ganze ausbalanciert. In immer weiter werdenden Spiralen nähern sich die vier immer mehr dem Boden, wobei sie insgesamt 13 Umdrehungen des “Karusells” mitmachen, bevor sie dann - mit den Beinen voran - auf dem Boden ankommen, und nur recht wenige Schritte “auslaufen” müssen, dann ist der “Tanz” zu Ende.
Es muss sich um ein ursprünglich kultisches Ritual handeln - dafür spricht , dass auch heute noch vor dem eigentlichen “Tanz” der 5. Mann eine Art “Gebet” spricht und dass er meist auch noch auf einer Art “Flöte” spielt.
Ursprünglich sei dieses Ritual zu Ehren des Frühlingsgottes (Xipe Totec) veranstaltet worden, heißt es. (Dieser Fruchtbarkeitsgott wurde als ein Mensch in der Haut eines gehäuteten Menschen dargestellt)
Die Frage ist: Warum das? – Es wird dieser Gott mit einem Maiskolben verglichen, der auch (in seine Hüllblätter) “eingehüllt” sei.
Außerdem erfährt man:
Die vier Männer am Seil würden die vier Elemente Feuer, Luft, Wasser, Erde verkörpern. Der Fünfte symbolisiere die Sonne.
Dazu kommt die Behauptung, dass später dieses Ritual – unverändert! - auf den Geburtstag des “heiligen Franz” verlegt worden sei.
- Warum ausgerechnet Franz von Assisi?
- Und weitere Fragen wären möglich. Auch wäre es vielleicht reizvoll, noch weiteren Einzelheiten nachzugehen, etwa über vergleichbare “Rituale” bei den Hopi-Indianern, aber auch z. B. eventuellen Zusammenhängen mit dem steirischen “Bandltanz”.
Doch zurück zu den “Voladores”! Da sieht man also 4 x 13 = 52 “Umdrehungen”:
Kalender: Hat hier die Zahl 52 vielleicht etwas mit der Anzahl der Wochen des Jahres zu tun?- In einem der Bücher, die ich angeschaut habe, wird das zwar behauptet, aber diese Behauptung ist absolut FALSCH! Die Antwort liegt im Kalender-System der mesoamerikanischen vorkolumbischen Kulturen. Ich versuche, es möglichst einfach zu erklären:
Es gab im vorkolumbischen Mesoamerila zweierlei Kalender: einen “Ritualkalender” mit 13 x 20 = 260 Tagen und einen – nicht schaltenden – „Profankalender“ mit 365 Tagen, der sich auf das Sonnenjahr bezog. Beide Kalender liefen nebeneinander, sie wurden kombiniert.
Zunächst über die 260 Tage:
Da sagte man, eine Schwangerschaft von der Empfängnis – oder vom Ausbleiben der Menstruation - bis zur Geburt dauere durchschnittlich 260 Tage.
Außerdem dauert es in diesen Gegenden durchschnittlich 260 Tage, dass man die Venus als Morgenstern (auch als Abendstern) sehen kann. –
Einschub zur Venus:
Dieser Stern spielte in den mesoamerikanischen Kulturen eine außerordentlich große Rolle.
Aber zurück zu den 260 Tagen!
Wir haben in unserem Kalender 7 Namen der Wochentage und je nach Monat 28, 29, 30, oder 31 „nummerierte“ Monatstage. Im mesoamerikanischen Ritualkalender hatte man dagegen 20 Namen für regelmäßig aufeinander folgende Tage und „nur“ 13 „nummerierte“ Tage. So wie bei uns ein Monats-Erster je nach dem, wie er fällt, im Prinzip jeder der 7 Wochentage sein kann, so konnte in Mesoamerika im Prinzip jeder der 20 mit Namen versehenen Tage ein erster, ein zweiter, dritter usw. bis zum 13. „nummerierten“ Tag werden. Der folgende Tag bekam dann wieder die Nummer 1. Und wenn auf irgend einen der 13 nummerierten Tage der zwanzigste mit Namen bezeichnete Tag fiel, dann folgte als nächster wieder der erste „namentlich“ bezeichnete Tag. Dabei blieb die Nummerierung immer gleich, d. h. auf den 13. nummerierten Tag folgte der mit der Nummer 1. Sinngemäß gleich war es mit den mit Namen bezeichneten Tagen
Nun ergibt schon eine relativ einfache Überlegung, dass sich die Sache jeweils nach 20 x 13 = 260 Tagen wiederholt. Und das war dort so.
Angemerkt sei, dass 13 die Zahl der Nächte ist, die zwischen Neumond und Vollmond liegen. - Die Zahl 20 kennzeichnet den „vollständigen“ Menschen mit „20 Fingern“.
Der “Profan-Kalender” hat 18 “Monate” zu 20 Tagen plus 5 Tage = 365.
Um auf den Zusammenhang zwischen dem 260tägigen Ritualkalender mit dem 365tägigen Jahr zu kommen, braucht man nur eine kleine mathematische Überlegung:
Der größte gemeinsame Teiler von 260 und 365 ist 5.
Multipliziert man 365 mit 260 und teilt dann das Produkt aus dieser Multiplikation durch 5, so kommt man auf die Zahl 18.980. So haben wir also 18.980 Tage. Und das sind - geteilt durch 365 Tage - genau 52 Jahre. – Diese 52 Jahre nannten z. B. die Azteken – natürlich in ihrer Sprache Nahuatl „xiuhmolpilli“ - ein „Jahresbündel“.
So gesehen symbolisieren also die 52 „Umdrehungen“ der Voladores das „Jahresbündel“.
Man kann das auch in Form eines Bildes – als Kalenderrad – darstellen.
Zu dieser Abbildung: Sie gibt das Titelbild eines Buches "Zeit ist Kunst" von Rainer Berchtold wieder. Das Maya-Kalenderrad ist hier in aktualisierter Form verwendet. Auf meine Anfrage, ob ich dies Bild verwenden darf, habe ich noch keine Antwort bekommen - da ich aber damit auf das Buch hinweise, werden Titelbilder üblicherweise genehmigt. S. Einzelheiten hier.
Nun noch etwas zur Venus:
Da gibt es eine „Venus-Rechnung“ Die sieht folgendermaßen aus:
Die 260 Tage des Tzolkin [Ritualjahr], die 365 Tage des Sonnenjahres und die 584 (Tage) des „Venusdurchganges“
- Dieses Wort steht so in meiner Ausgabe des Popol Vuh. - richtiger ausgedrückt wäre:
„der Konjunktionsperiode“ der Venus, auch „synodischer Umlauf“ genannt. - Mit „Venusdurchgang“ bezeichnet man hingegen den sehr seltenen Transit der Venus vor der Sonne, wie er zuletzt 2004 zu beobachten war (und auch 2012 wieder sein wird, dann allerdings auf der anderen Seite der Erde).
Also noch einmal:
Die 260 Tage des Tzolkin [Ritualjahr], die 365 Tage des Sonnenjahres und die 584 (Tage) des „Venusdurchganges“ fallen in einem Großintervall von 37.960 Tagen zusammen. Die Formel ist:
65 584
(Venus) 5 x 13 x 8 x 73 = 37.960
260 146
(Mond) 20 x 13 x 2 x 73 = 37.960
104 365
(Sonne) 8 x 13 x 5 x 73 = 37'960
104 Jahre x 365 = 37.960 Tage.
Hier wieder eine Frage: Bedeutung der Zahl 73 ??
Somit gibt es nach 37.960 Tagen wieder ein Zusammentreffen der gleichen Kalender-Tages-Bezeichnungen. – (Dies Letztere sogar schon nach der halben Zeit, wie wir eben gesehen haben.)
So bekommt man wenigstens eine kleine Ahnung davon, was es mit der Venus im Maya-Ritual-Kalender auf sich hat. Die Wissenschaft spricht tatsächlich vom Ritualkalender, kann aber natürlich nichts darüber aussagen, welche Emotionen und Willensimpulse durch einen solchen Ritual-Kalender hervorgerufen wurden.
Für jemanden, der die anthroposophische Esoterik ein wenig kennt, sei an dieser Stelle z.B. auf die 9., 10. und 11. – speziell auf die 9. und 11. - Klassenstunde hingewiesen, wo es besonders auch um Sterne geht.
Bei R. Steiner sind mir noch weitere Stellen aufgefallen, so etwa über das eigenartige Verhältnis der Mexikaner zum Tod im „Volksseelen-Zyklus“ und GA 266/III, esoterische Stunde vom 17.11.1913, und da wieder besonders die Aufzeichnung D, wo vom Morgenstern die Rede ist.
Nun noch zwei Ergänzungen zum Kalender, eine kleine und eine größere:
1) Jedes Kind bekam bei seiner Geburt neben seinem Rufnamen auch den „Ritual-Namen“, d. h. den Namen des Geburtstages im Ritualkalender. Der war wichtig im Zusammenhang mit Astrologie, Mantik, Divinatorik, somit z. B. für Weissagung, für Heilungen, für günstige oder ungünstige Tage etwa zum Heiraten usw.
2) So, wie man bei uns z. B. von den „Sechzigerjahren“ redet und heutzutage im Allgemeinen die Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts meint, so findet man auf vielen Inschriften in Mesoamerika auch Bezeichnungen, die sich auf ein „Jahresbündel“ von 52 Jahren beziehen, ohne dass man immer genau weiß, um WELCHES dieser Jahresbündel es sich handelt. Um aber diesbezügliche Unklarheiten zu vermeiden, gab es – bei den Maya - noch eine Hilfe, um z. B. einen Tag ganz exakt zu bezeichnen, und das war die „Lange Zählung“. Da zählte man die Tage von einem bestimmten Zeitpunkt an, dem sogenannten
„NULL-DATUM“ der Maya:
Das ist nach unserer Zeitrechnung der 13. Aug. 3114 v. Chr. (historisch) bzw. 13. Aug. 3113 v. Chr. (astronomisch). –
In der astronomischen Zeitrechnung gibt es das Jahr 0, während in der historischen Zeitrechnung auf das Jahr 1 v. Chr. gleich das Jahr 1 n. Chr. folgt.
In die Stele von Quriguá sind das Null-Datum und ein Schöpfungs-Mythos eingemeißelt.
Bild: "Estela Maya", Fotograf Stuardo Herrera aus Guatemala, Guatemala; CC-Lizenz
Auf diesen Schöpfungsmythos (von Quiriguá) kann ich nicht näher eingehen. Er ist völlig anders, und für unsereinen viel schwieriger „nachvollziehbar“ als jener der Quiché Mayas im Popol Vuh.
Nur eine einzige kleine Bemerkung zum Mythos von Quiriguá, eigentlich eine Frage:
Könnte das „Setzen der Steine“ auf dieser Inschrift vielleicht etwas mit dem „Setzen“ der „Olmeken-Kopf-Skulpturen“ gemeinsam haben? –
Noch einmal zum Thema „Null-Datum“ („long count“) der Maya im Jahre 3113, bzw. 3114 vor Christ:
Aus anthroposophischer Sicht wäre hier darauf hinzuweisen, dass Steiner (z. B. im Volksseelen-Zyklus (in meiner Ausgabe p. 185)) die Dauer des Kali Yuga - des „Finsteren Zeitalters“ - mit ungefähr 3100 vor Christus bis 1899 angibt.
Für mich ergibt sich die FRAGE, ob hier zwischen dem Beginn der Maya-Zeitrechnung und dem Beginn des Kali Yuga ein Zusammenhang besteht.
Hier sei auch noch kurz das „End-Datum“ des Maya-Kalenders erwähnt: Der 21. (nach einer anderen Version der 23.) Dezember 2012.
Wenn z. B. in einer Zürcher Zeitung neulich ein Artikel stand, in dem behauptet wurde, die Gelehrten hätten sich um ca. 200 Jahre verrechnet, so kann ich sagen, diese Ansicht ist schon vor Jahren aufgetreten, aber inzwischen längst widerlegt. Die Gelehrten haben sich – so mein Gewährsmann Dr. Hassler – NICHT geirrt.
Übrigens bedeutet dieses Datum nicht den Weltuntergang, sondern das Ende eines großen Zeitabschnittes.
Zur Mythologie der Maya:
Diese ist ähnlicher der „unseren“. Zwar ist dort – zum Unterschied von „unserem“ Schöpfungs-Mythos von einer mehrfachen Schöpfung der Menschen die Rede, aber im Popol Vuh gibt es z. B. auch eine „jungfräuliche Geburt“ und eine „Erschaffung der Frau“, die eine gewisse, sogar ziemlich große Ähnlichkeit mit der „Erschaffung der Eva“ hat, nur, dass es sich dabei um vier Frauen handelt. Nachdem nämlich die Männer erschaffen waren, fragten die Götter sie, wie sie die neue Schöpfung erleben würden. Da antworteten sie, sie sähen das Nahe und das Ferne, das Verborgene und das Offenbare. - Das war den Schöpfer-Göttern zu viel. Deshalb trübten sie den Männern den Blick, damit sie nur noch das Nahe und das Offenbare sähen. Zum „Trost“ aber gaben sie ihnen die Frauen. –
Das Vigesimal-System:
Die Zahl 20 ist in Mesoamerika die Basis für das dortige (vorkolumbische) Zahlensystem, so wie es bei uns die Zahl 10 ist.
So wie man bei uns sagt: 10, x 10 =100, x 10 = 1000, x 10 = 10'000, so rechnete man in Mesoamerika: 20, 20 x 20 = 400, x 20 = 8.000, x 20 = 160.000, x 20 = 3.200.000 usw.
Bei uns hat man also das Dezimalsystem, in Mesoamerika hatte man dagegen das Vigesimalsystem, welches übrigens, nebenbei bemerkt, mit dem Dualsystem wie es unseren Computern zugrunde liegt, eine gewisse Ähnlichkeit aufweist, wo es ja heißt: 0, 1, 2, 4, 8, 16, 32 usw.
Und so, wie man bei uns die Hunderter vor den Zehnern und die Zehner vor den Einern schreibt, so schrieb man in Mesoamerika die 8.000er oberhalb der 400er und diese wieder oberhalb der 20er.
Und genauso, wie wir die Ziffer Null kennen, so kannte man auch in Mesoamerika die Ziffer Null. Und so wie wir die Null einsetzen, wenn eine Zahl z. B. keine Zehner hat, so setzte man in Mesoamerika ebenfalls die Null ein, wenn eine Zahl z. B. keine Vierhunderter hatte.
Zu dem Bild: Die Maya verwendeten für ihr fortschrittliches Zahlensystem nur die Kombination von drei Symbolen: eine Muschel für die Null, einen Punkt für die Eins, einen Strich für die Fünf. Bild: Bryan Derksen; GFDL-Lizenz. S. auch hier.
Und das alles zu einer Zeit, in der noch die Römer keinen „Stellenwert“ kannten, so wie wir ihn kennen und handhaben.
Dezimalsystem bei den Inka:
Es gibt aber auch noch einen anderen “Kultur-Raum”, und zwar in Südamerika, hauptsächlich im Bereiche der Anden, man kann auch sagen, im Gebiet des alten Inka-Reiches.
Dort herrschte auch eine Kultur, die sich in manchen Dingen mit jener von Mesoamerika deckte, in anderen aber absolut nicht. Zwei von diesen unterschiedlichen Kultur-Elementen seien herausgegriffen:
Als erstes: Das Zahlensystem: Es glich dem unseren, es war das Dezimalsystem.
Als zweites: Die Schrift fehlte dort. Man hatte allerdings eine Art “Gedächtnisstütze”, - wissenschaftlich ausgedrückt: ein “mnemotechnisches Hilfsmittel” - nämlich die Quipus.
Bild aus The Princeton University Library Chronicle, Bd. XXXVII, Nr. 1, Herbst 1975, Autorin Elizabeth P. Benson (leider hier ohne Farben).
Quipus:
Die Quipus funktionierten so ähnlich, wie man früher bei uns “einen Knoten ins Taschentuch” gemacht hat, um etwas Wichtiges nicht zu vergessen, natürlich nur wesentlich komplizierter.
Am besten entsteht vielleicht ein Eindruck von den Quipus anhand der Schilderung und der Deutung eines solchen, das in St. Gallen (Schweiz) in einem Museum zu sehen wäre. (Dieses Beispiel kann ich hier nicht wiedergeben - der Referent.) Da handelt es sich um eine Arbeit von Dr. Peter Hassler, er schrieb Folgendes:
Die Länge der Tragschnur beträgt 52,5 cm, daran sind 81 Hauptschnüre befestigt, an denen insgesamt 44 Nebenschnüre angebracht sind. Diese insgesamt 125 Schnüre kommen in folgenden Farben vor:
braun (von einem blassen rötlich-braun bis zu einem satten dunkelbraun),
ocker (von einem blassen hellocker bis zu einem satten ocker),
grün (von einem blassen gelblich-grün bis zu einem satten dunkelblaugrün)
und weiß.
Dazu existieren noch Schnüre, die aus zwei verschiedenfarbigen Fäden gezwirnt sind: braun/weiß, grün/ocker, ocker/weiß und grün/braun.
Die Länge der Schnüre liegt zwischen 20 cm und 68 cm. Die Hauptschnüre sind in verschiedenen Abständen an der Grundschnur angebracht, sodass sich zwei Abteilungen erkennen lassen, die ihrerseits weiter unterteilt sind in 10 bzw. 5 Gruppen.
Eine vorläufige Lesung der Knoten [ bei diesem Beispiel ] ergibt die Zahlen: 8568 = 6952 + 1616 (d. h. Gesamtzahl = Zahlen der Teile 1 und 2 )
Hassler kommt zum „vorläufigen“ Ergebnis, dass es sich hier darum handelt, dass 290 Mond-Umläufe zeitlich 74 Merkur-Umläufe entsprechen.
Die Zahl 8568 lässt sich auf Hundertstel genau aus den heute gängigen Umlaufszeiten so ermitteln.
Ebenso kommt Hassler bei der Zahl 6952 auch wieder auf Hundertstel genau darauf, dass 235 Mond-Umläufe zeitlich 60 Merkur-Umläufen gleichen
Hassler weiter:
Der astronomische Mittelwert des synodischen Umlaufs des Mondes beträgt 29,531 Tage und derjenige des Merkur 115,885 Tage. Auch die Zahlen der einzelnen Gruppen liefern mögliche astronomische Werte von Mond und Merkur. Besonders interessant ist die Zahl der Gruppe 1, nämlich 3425, denn 29,555 x 115,886 = 3425,011, d. h. es scheint sich hierbei um das Produkt der synodischen Umläufe von Mond und Merkur zu handeln.
So kann mit großer Wahrscheinlichkeit gesagt werden, dass es sich beim Quipu im historischen Museum St. Gallen um einen astronomisch-astrologischen handelt, der sich auf Mond und Merkur bezieht.
Für die einzelnen Zahlen gab es besondere Knoten. Für die Null war keiner nötig, denn da wurde einfach der Platz leer gelassen, an dem sonst eine Ziffer gekommen wäre.
Das Inka-Reich entwickelte sich etwa ab dem 12. Jahrhundert. Bevor die Spanier es eroberten, erstreckte es sich über etwa 4.500 km von Nord bis Süd und etwa 500 km von Ost bis West. Es war ein Vielvölker-Staat. Da gab es Läufer, die die Nachrichten übermittelten, und zwar in Form von Quipus. Die Leute, welche die Quipus verfassten, brauchten eine Ausbildung von 4 Jahren an einer eigenen „Universität“ Aber nicht erst bei den Inka wurden solche „mnemotechnische Hilfsmittel“ – also Schnüre mit Knoten, verwendet, sondern z. B. auch in China, bevor die chinesische Schrift entstand. – Quipus sind tatsächlich Vorläufer der Schrift!
Die Schrift der Maya
war lange Zeit rätselhaft. Zwar wurden schon relativ früh die Zahlen entziffert, aber erst in den 1950er-60er Jahren wurden bedeutende Fortschritte in der Entzifferung der übrigen Schriftzeichen gemacht. Vor allem auch war es ein Leningrader Linguist, Professor Jurij Knorosow aus der damaligen Sowjetunion, eigentlich ein Experte für ägyptische Hieroglyphen - in den 50er Jahren.
Knorosow fand heraus, dass es insgesamt etwa 300 verschiedene Maya-Glyphen gab. und fand, dass diese Anzahl eigentlich verblüffend klein sei für ein Schriftsystem, das nur aus Ideogrammen bestehe. Wenn es sich aber um phonetische Zeichen („phonetisch“ hier als Silben- UND Laut-Zeichen gedacht) handelt, dann wären diese 300 Zeichen wieder viel zu viele! So vermutete er, dass es sich um ein Misch-System handeln müsse, das teils aus Ideogrammen, teils aus phonetischen Zeichen bestehe, Àhnliche „Hybrid“-Schriftsysteme gab es ja auch z. B. in Mesopotamien, in Ägypten und in China. – Und Recht hatte er, zwar nicht in allen seinen Deutungen, aber doch im Prinzip. Allerdings setzte sich diese seine Auffassung erst in den 70er Jahren durch.
So hätten wir eine
Stufenfolge der Schrift-Entwicklung überhaupt
– d. h. aber eine Stufenfolge der Gedächtnis-Entlastung:
Erst Quipus, dann Ideogramm-Schrift, dann *Hybrid“-Schrift, also eine Mischung aus Ideogramm- und Silben-Schrift, zum Schluss die phonetische Schrift. –
Jetzt kann man Gedanken von Rudolf Steiner dazu stellen, und zwar zunächst aus seiner Schrift “Aus der Akashachronik“ im Kapitel „Unsere atlantischen Vorfahren“:
Er behauptet da, dass in den ersten Kulturepochen der atlantischen Zeit das Gedächtnis der Menschen ein ungeheures - für uns Heutige unvorstellbares - Ausmaß gehabt habe, dass aber die alten Atlantier anfangs noch kein „logisches Denken“ gehabt hätten. Mit der Entwicklung des logischen Denkens sei das Gedächtnis immer mehr zurückgegangen. – An anderer Stelle behauptet er dann, als ein erstes „mnemotechnisches Hilfsmittel“ seien die Menschen dazu gekommen, eine Art „Merkzeichen“ in die Landschaft zu stellen. Wenn man an einem solchen Merkzeichen vorbeikam, dann habe man sich daran erinnert, was eben dort an dem Ort dieses Merkzeichens geschehen
Ich meine, ein schwacher Abglanz davon seien unsere heutigen Denkmäler.
Für mich haben sich in diesem Zusammenhang vor allem zwei Fragen ergeben:
Erstens:
Könnte es sein, dass die Quipus noch in Zusammenhang stehen mit dem beginnenden Niedergang der „Gedächtnis-Fähigkeit* um das Ende der alten atlantischen Zeit herum?
Dafür sprächen folgende Argumente:
- Steiner bringt (am Ende des Volksseelen-Zyklus – im 10. Vortrag) den Gedanken, die chinesische Kultur sei gewissermassen aus der alten Atlantis „herübergetragen“ worden.
- In der atlantischen Kultur sei – so Steiner („Unsere atlantischen Vorfahren“) – viel
mit den Keimkräften der Pflanzen gearbeitet worden. Dazu passt – in meinen Augen
–, dass die Quipus allesamt aus Pflanzenfasern hergestellt wurden, und nicht etwa
aus tierischen Materialien wie Leder oder Haaren, im Grunde also ein eher „vergängliches“ Material, jedenfalls soweit es mir bekannt ist.
Zweitens:
Könnte man vielleicht die riesigen olmekischen Kolossal-Köpfe aus dem viel dauerhafteren Stein als „Merkzeichen“ im erwähnten Steinerschen Sinne auffassen?
Wenn das der Fall wäre, dann müsste – entwicklungsgeschichtlich die Reihe der Gedächtnis-Stützen – der „mnemotechnischen Hilfsmittel“ - so aussehen:
1 Olmeken-Skulpturen
2 Quipus
3 Piktogramme (mehr oder weniger „Bilder“ des Gemeinten)
4 Reine Ideogramme
5 chinesische Schrift, Maya-Schrift und andere „Hybrid-Schriftsysteme“
6 unsere phonetische Schrift
Natürlich ist diese Darstellung nicht vollständig. Man könnte z. B. noch die „Silbenschrift“ der Japaner einfügen, aber lassen wir’s für den Moment einfach so stehen ...
Aber doch noch einmal zurück zur vorhin genannten Reihe:
Auch da gäbe es wieder neue Fragen,
z. B. ob die Formung der Olmeken-Kopf-Skulpturen vielleicht auf Fähigkeiten beruhten, die die Olmeken noch aus den atlantischen Zeiten „mitgebracht“ haben, und
ebenso auch die Inka-Mauern, die ja aus ganz unregelmäßig geformten Steinen so genau passend zusammengefügt wurden, dass man keine Messerklinge in die Fugen schieben kann…
Übrigens stehen in der Stadt Cuzco in Perú viele Häuser, ja ganze Straßenzüge noch gut sichtbar auf solchen Inka-Mauer-Fundamenten.
Gehen wir jetzt von der Schrift zur Sprache über:
Es gibt ein Büchlein eines mexikanischen Dichters, Antonio Mediz Bolio, das den Titel trägt „El País del Faisán y del Venado“ – auf deutsch „Das Land des Fasans und des Hirsches – Legenden der Maya“. Der von der Wissenschaft beinahe etwas lächerlich gemachte Verfasser des Nachwortes der deutschen Ausgabe dieses Büchleins - Kurt Pahlen - hat in diesem Nachwort sehr „poetisch“ über Sprach-Zusammenhänge zwischen Südamerika und der übrigen Welt geschrieben. Ich fasse es „unpoetisch zusammen:
viele hebräische Wortwurzeln - Kitschuasprache (Inka-Amtssprache)
ein nur wenig verändertes Ägyptisch - Guarani
viele griechische Elemente - Araukanisch, (heute noch vereinzelt in Südchile gesprochen)
viele griechische Elemente - in Mexikos Ursprachen
Negeridiome des innersten Afrika gleichen anderen Indianersprachen oft in so auffallender Weise.
Mit dem Baskischen, Europas geheimnisvollstem Idiom, haben manche Indianersprachen sehr viel gemeinsam.
In Armenien viele auffallende Namensgleichheiten mit dem vorkolumbischen Amerika.
Zwischen dem Polynesischen und vielen indianischen Sprachen bestehen enge Zusammenhänge.
Das Wort Atlantis sei kein griechisches, es sei auch keiner anderen bekannten Sprache der „Alten“ Welt entnommen. Nur im Toltekischen, einer der Sprachen des indianischen Mexiko, gibt es die Wurzel „atl“ und aus ihr gebildete Wörter, die „Insel“ bedeuten könnten.
Soweit die von der heutigen Wissenschaft nicht ganz ernst genommenen Äußerungen von Kurt Pahlen.
Sprachenvielfalt
Aus Sicht der heutigen Wissenschaft war das präkolumbische Amerika der sprachenreichste Erdteil. Auf ihm wurden einst über 600 Sprachen gesprochen, die zu 125 Sprachfamilien zusammengefasst werden können. (Im Vergleich dazu findet man in Afrika vier Sprachfamilien, in Europa sind es lediglich deren zwei.)
So zählte man allein über 30 Maya-Sprachen.
Wenn also in der präkolumbischen Zeit in Altamerika so viele Sprachen existierten, dann darf man wohl vermuten, dass gewissermaßen die „Sprachgeister“ dort ein besonderes Tätigkeitsfeld entwickelt hatten. (Man könnte wohl auch sagen, dass hier – im altamerikanischen Raum - die „Sprachgeister“ vielleicht mit besonderer Freude gewirkt haben.)
Nun ein Beispiel aus dem Popol Vuh, dem heiligen Buch der Quichê-Maya:
Da ist davon die Rede, dass die Maya-Stämme – sich auf einer grossen Wanderung befanden. Die Quichés hatten vier „Führer“ oder Priester. – Und sie hatten „Götter“, darunter einen ganz besonders wichtigen. Dieser Gott hiess „Tohil“.
Auf ihrer Wanderung kamen sie in eine sehr kalte Region. Sie froren entsetzlich, denn sie hatten kein Feuer. Aber ihr Gott Tohil hatte Feuer. Man weiss nicht, wie dieses Feuer entstanden war, aber er tröstete sein Quiché-Volk und gab ihm das Feuer. Aber es kam ein schwerer Regen- und Hagel-Sturm und löschte das Feuer aus. Nun war es wieder finster und kalt, auch die anderen Maya-Stämme hatten kein Feuer mehr. Die Priester-Führer der Quiché beteten wieder zu Tohil und er gab ihnen noch einmal Feuer. Plötzlich war ein Mann da, der zu den Priester-Führern sprach. Er sagte ihnen, wenn die anderen Stämme kämen und um Feuer bäten, dass sie dann, bevor sie es ihnen gäben, erst ihren Gott Tohil fragen sollten. Tohil würde ihnen sagen, was sie verlangen sollten. Kaum hatte der Mann das den vier Priester-Führern gesagt, war er spurlos verschwunden. Er hatte Fledermaus-Flügel gehabt und sei ein Bote der Unterwelt, „Xibalbá“, gewesen. Nun wörtlich aus dem Popol Vuh (p.114):
„… Sogleich entschwand er ihrem Angesicht, aber sie gedachten seiner, als die vor Kälte zitternden Stämme andernmales erschienen. Ein Hagelsturm tobte, weiss und schneidend kalt. Es zitterten und krümmten sich vor Kälte alle Stämme, als sie vor Balam-Quizé, Balam-Acab, Mahucutáh und Iqui-Balám erschienen. Niedergeschlagen waren sie, bitter Mund und Gesicht. Wie Diebe schlichen sie sich vor das Angesicht von Balam-Quizé, Balam-Acab, Mahucutáh und Iqui-Balám.
>Habt ihr kein Erbarmen mit uns? Nur ein wenig von eurem Feuer erbitten wir.<
Aber man gab ihnen nicht statt, nichts erhielten sie.
>Stammen wir nicht aus einer Wurzel, wurden wir nicht auf den gleichen Bergen geschaffen und geformt? Habt Erbarmen mit uns!< So sprachen sie.
>Was gebt ihr uns denn, damit wir Mitleid haben können?<
>Schön. Silber werden wir euch geben.<
>Wir wollen kein Silber<, sagten Balam-Quizé Balam-Acab.
>Was wünscht ihr denn? Möchten wir fragen<, sagten zum anderen Mal die Stämme.
>Gut. Wir werden Tohil fragen, und danach werden wir euch Bescheid geben.< so wurde ihnen gesagt..
Darauf fragten sie Tohil: „Was sollen die Stämme geben, o Tohil? Sie bitten um Feuer.< so sprachen Balam-Quizé Balam-Acab, Mahucutáh und Iqui-Balám.
>Gut. Wollen jene mich an ihren Rippen, in ihrer Achselhöhle ruhen lassen? Will ihr Herz nicht mich, Tohil, umarmen? Wenn sie das nicht wollen, so gibt es kein Feuer< sagte Tohil. >Aber sage ihnen, dass es später sein soll, nicht heute, dass sie mich an ihren Rippen, in ihrer Achselhöhle ruhen lassen. Das sage ihnen.< So sprach er zu Balam-Quizé Balam-Acab, Mahucutáh und Iqui-Balâm.
Als die Botschaft Tohils überbracht wurde, sagten jene: > Es ist gut. Die Vereinigung soll sich vollziehen; gut, wir werden ihn umarmen< So antworteten sie. Ohne sich lange zu besinnen, nahmen sie das Wort Tohils an. Sie zögerten nicht. >Gut<, sagten sie sogleich, erhielten das Feuer und wärmten sich….“
Soweit das Zitat. Die Mythologie geht natürlich weiter. Ein Stamm allein, nämlich die Cakchiqueles, unterwarf sich nicht. Sie stahlen das Feuer. Der durch den Rauch schlich, hatte die Gestalt einer Fledermaus. Flügelflatternd raubte er das Feuer. Alle anderen Stämme vollbrachten das Opfer vor Tohil, und die Herzen wurden unter den Rippen, unter der Achsel herausgerissen.
Aber warum habe ich diese Stelle erzählt? – Aus zwei Gründen:
Zum Ersten:
Das entsprechende Kapitel im Popol Vuh beginnt mit der Klage darüber, dass sich die Stämme nicht mehr untereinander verstanden.
Das Geschenk des Feuers ist also verbunden mit der Differenzierung der Sprachen.
Zum Zweiten:
An dieser Szene zeigt sich, wie die Priester-Führer der – ich sage einmal, der „Einflüsterung“ eines Gottes der Unterwelt – eben dem Verlangen Tohils - entsprochen haben. Ein Gott der Unterwelt ist also ihr Gott.
Indem die übrigen Stämme ihr Opfer bringen, ist es klar, dass nur die Priester der Quichés das Opfer durchführen durften, womit sie – bzw. die Quichés – Macht über die anderen Stämme erlangten. Im Popol Vuh ist dann auch noch geschildert, wie sich die Unterdrückten auflehnten und von den Quichés jedesmal besiegt wurden. Das will ich hier nicht weiter erzählen. …
Menschenopfer:
Vielmehr sei an dieser Stelle auf das Thema „Menschenopfer“ eingegangen, das ja offensichtlich hier im Popol Vuh angesprochen ist.
Diesem Thema hat sich der von mir schon erwähnte Peter Hassler aus St. Gallen in der Schweiz im Rahmen seiner Doktor-Arbeit gewidmet. Wie bekannt, ist die Auffassung weit verbreitet, dass die Azteken oben auf ihren Pyramiden Altäre aufgerichtet hätten, wo sie Menschen geopfert hätten: Das Opfer, meist wohl ein Gefangener, sei mit dem Rücken auf den Altar gelegt worden, Kopf und Beine über den Altar hinausragend, ein Helfer habe seine Beine, ein anderer seine Arme gehalten, der Oberpriester habe mit einem Obsidian-Messer dem Opfer die Brust aufgeschnitten – manchmal wird gesagt „von Brustwarze zu Brustwarze“ - und habe dann das Herz des Betreffenden herausgerissen, um es „den Göttern“ zu opfern. Der Leib des so Getöteten sei dann die Pyramide hinuntergeworfen worden, Manchmal wird auch behauptet, dass Teile des Opfers verspeist worden seien.
Hassler ist diese Meinung nachgegangen und hat herausgefunden, dass alle, die diese Auffassung vertreten, sich letzten Endes auf die Niederschrift eines Spaniers zurückführen lassen, von dem sie alle abgeschrieben haben: Bernal Diaz del Castillo. - Dieser sei wieder nach Spanien zurückgekommen und habe dort im Alter von 80 Jahren seine Erinnerungen an die Eroberung Mexikos niedergeschrieben. Nun weiter im Wortlaut Hasslers:
„... Immer noch gelten die Menschenopfer in breiten Kreisen als das charakteristische Merkmal der aztekischen Kultur. Doch nie hat die Archäologie Massendeponien der angeführten Hekatomben von Geopferten finden können. Der „klassische Augenzeugenbericht“ der oft als exemplarischer Beweis für die Menschenopfer herangezogen wird, stammt aus der Feder von Bernal Diaz del Castillo, einem Soldaten aus dem Tross von Hernán Cortés. Der Schauplatz, die Hauptpyramide von Tenochtitlan, lag jedoch sechs bis acht Kilometer vom Standort des „Augenzeugen“ entfernt. Der Erfinder dieser Lüge war jedoch Cortés selber, der vor Kaiser Karl V. dringend eine Rechtfertigung seiner Taten brauchte, da er sich ohne Befugnis seiner kaiserlichen Majestät anschickte, das mexikanische Festland zu erobern, obschon er es nicht einmal hätte betreten dürfen....“
Bernal hat demnach die Erzählung von Cortés wiederholt und sie dabei kräftig „ausgeschmückt“. Er will die von ihm beschriebenen Opferungen vom Ufer des Sees, an dem Tenochtitlan lag, aus etwa 6 – 8 km Entfernung mit dem bloßen Auge gesehen haben.
Außerdem geht Hassler der Beschreibung des Herausreißens der Herzen nach und lässt sich von Chirurgen bestätigen, dass es rein physisch sogar auch mit den Mitteln der heutigen Chirurgie nicht möglich ist, den Brustkorb eines Menschen auf die von Bernal beschriebene Weise zu öffnen, geschweige denn mit einem Obsidian-Messer der damaligen aztekischen Priester. (Solche Messer sahen etwa ähnlich aus, wie unsere „Wiegemessser“, nur dass sie nicht zwei Griffe an den Enden der Klinge hatten, sondern einen einzigen Griff in der Mitte derselben.)
Außerdem bringt Hassler noch weitere Argumente, die seine Auffassung stützen, auf die ich aber hier nicht näher eingehen will. Bei Wissenschaftlern findet Hassler durchaus nicht überall Zustimmung, sondern auch Widerspruch. Aber auch diese Widersprüche widerlegt er deutlich und ausführlich.
Schwarze Magie:
Rudolf Steiner behauptet [GA 171 (3. u 5. Vortr.) ; GA 104 (12. Vortr.)] auch, dass es in Mexiko „jahrtausendelang“ sehr geheime schwarzmagische Praktiken gegeben habe, bei denen es sich darum handelte, durch „Schneiden in lebendiges Fleisch“ okkulte Erkenntnisse zu erlangen. Steiner schildert den Opfer-Vorgang zwar ähnlich, aber doch etwas anders, als es auf Bild-Darstellungen gewöhnlich gezeigt wird, und er behauptet dabei, dass nicht das Herz, sondern der Magen des Geopferten herausgeschnitten bzw. herausgerissen worden sei.
In GA 171/1984 findet sich zum „Magen-Herausreißen“ folgende Anmerkung:
„58 Taotl: Für die äußeren Angaben über die Azteken und ihre Gebräuche, sowie des Namens der Gottheiten diente Rudolf Steiner das Werk von Charles William Heckerthorn „Geheime Gesellschaften, Geheimbünde und Geheimlehren“ Leipzig 1900. Es enthält im > Ersten Buch < mit der Überschrift „Alte Mysterien“ ein Kapitel (3 Seiten) über „Mexikanische und peruanische Mysterien“. Von hier stammt auch das von Rudolf Steiner erwähnte Detail, dass die Priester den Opfern den Magen ausschnitten, was verschiedentlich - als angeblich nicht mit der Überlieferung übereinstimmend – beanstandet worden ist. Auch die Transkription der Namen der Gottheiten ist bei den späteren Forschern anders geworden. Im übrigen ist zu beachten, dass es Rudolf Steiner weniger um die in der einschlägigen Literatur vornehmlich behandelten Gebräuche der in Dekadenz verfallenen Azteken ging, sondern um deren in vorgeschichtlicher und mythologischer Zeit liegenden Hintergründe.“
Ich bin dieser Anmerkung weiter nachgegangen und fand in einem Faksimile-Nachdruck des Buches von Heckerthorn Folgendes:
„... Der Oberpriester trug ein langes, scharfes Feuersteinmesser, ein anderer Priester einen Holzkragen und vier Priester umstanden einen pyramidenförmigen Opferstein, dessen oberes Ende runderhaben war, so daß der mit dem Rücken darauf gelegte Mann derart gekrümmt wurde, daß der Magen beim ersten Einschnitt des Messers losgetrennt werden konnte. Zwei Priester hielten dem Unglücklichen die Füße, zwei die Hände fest, der fünfte legte ihm den Holzkragen um. Sodann trennte der Oberpriester ihm den Magen los und riss ihm das Herz aus, welches er zuerst gegen die Sonne emporhielt und nachher einem der Götzen vorwarf, während der Körper des Geopferten die Stiege hinab gestürzt wurde, die sich um das ganze riesige pyramidenförmige Gebäude wand. ...“
Es handelt sich also in diesem Falle nicht um ein „okkultes Forschungsergebnis“ Steiners, sondern „nur“ um eine „Lesefrucht“, die Steiner hier in diesem Vortrag verwendet. -
Noch dazu kommt, dass das, was Steiner hier gelesen hat, wenigstens in einer überprüfbaren Einzelheit absolut unrichtig erscheint: Es gab und gibt – soviel ich weiß - bei keiner einzigen der vielen bekannten Pyramiden Mesoamerikas „Stiegen, die sich um das ganze riesige pyramidenförmige Gebäude winden“. (Die Opfer-Szenen sollen sich ja auf Altären vor den Tempeln abgespielt haben, die oben auf den Pyramiden standen.) Vielmehr sind bei allen bekannten Pyramiden alle Stiegen vollkommen gradlinig! - Und auch das „lange scharfe Feuersteinmesser“ stimmt nicht so ganz mit den Messern überein, die man zu sehen bekommt. Ich habe den Typ von Messern ja vorhin gerade beschrieben. - So scheint also diese Schilderung von Heckerthorn durchaus nicht seriös zu sein. Überspitzt könnte man vielleicht sogar sagen, Steiner sei auf Heckerthorn in diesem Punkte „hereingefallen“.
Weiters könnte man noch auf die Stelle des „dubiosen“ Zitates hinweisen, wo gesagt wird (wörtlich):
„..Sodann trennte der Oberpriester ihm den Magen los und riß ihm das Herz aus, welches er zuerst gegen die Sonne emporhielt..“
Darüber, verehrte Zuhörer, können Sie sich Ihre eigenen Gedanken machen.
Eine Frage allerdings stellt sich mir:
Wäre es vielleicht denkbar, dass sozusagen als „wahrscheinlicher Kern“ das Magen-Herausschneiden doch stimmen würde, und zwar als Voraussetzung des Herz-Opfers?
Im Museo Nacional in Mexiko-City gibt es allerdings eine kleine Statuette mit einer Öffnung in der Magen-Gegend, die vielleicht für die letztere Version spricht.
Nun aber weiter zu Steiner in GA 171:
Da sagt er sogar, dass es in der Zeit Christi in Mexiko einen großen Geisteskampf gegen einen der größten Schwarzmagier gegeben habe, der je auf der Erde gelebt habe und in welchem schließlich dieser große Schwarz-Magier überwunden worden sei. –
Ich kann das alles referierend nur ganz schwach andeuten. Es näher auszuführen, würde den Rahmen dieses Vortrages sprengen. Wer sich näher dafür interessiert, möge bei Steiner nachlesen (GA 171)
Ebendort (im 2. Vortrag) findet man auch etwas über einen eigenartigen Zusammenhang dieser Dinge mit dem „Mongolensturm“ unter Dschingis Khan.
Cuicuilco und Teotihuacán:
Die Aussagen Steiners über diese mexikanischen schwarzmagischen Mysterien leuchten mir – gefühlsmäßig – relativ gut ein, so dass ich mich getraue, sie hier zu referieren, aber ich fühle mich auf keinen Fall in der Lage, sie wirklich sachgemäß zu verteidigen. –
In der Weihnachtsnummer 1987 der „Mitteilungen aus der Anthroposophischen Arbeit in Deutschland“ ist ein Artikel von Peter Franzens enthalten, einem Waldorf-Lehrer aus Hannover, der sich intensiv mit eben diesen Fragen der schwarzmagischen Praktiken in Mexiko auseinandersetzt. Peter Franzens ist der Ansicht, der Sitz des großen Schwarzmagiers, von dem Steiner spricht, sei Cuicuilco gewesen, nahe der Universität von Mexico-City, im Süden der heutigen Stadt.
Der Sitz seins Gegners, der ihn letztlich nach drei Jahren besiegt habe, sei Teotihuacán gewesen.
In diesem Artikel erwähnt der Verfasser eine Ausstellung „Glanz und Untergang des alten Mexiko“ und besonders einen Führer zu dieser Ausstellung, der 1986 erschienen sei. In diesem Ausstellungsführer wieder sei ein Artikel eines W. Haberland – offenbar von „äußerer“ wissenschaftlicher Seite - enthalten, der Folgendes besage:
„Gäbe es in Zentralamerika für diese Zeit Annalen, ähnlich denen im alten Orient, so würden sie wahrscheinlich für das 1. Jh. n. Chr. vermelden, dass sich die Herrscher von Cuilcuilco und Teotihuacán offen oder versteckt bekämpften, dass der erstere jedoch den Göttern nicht den nötigen Respekt zeigte. Darum wandten sie sich von ihm ab und straften ihn, indem sie seine Macht vernichteten, seine Ländereien unfruchtbar machten und seinem Gegner die Macht über das Hochland von Mexiko übertrugen.
Wenn diese Annalen konkreter wären, würden sie berichtet haben, dass der Xitle, ein kleiner Vulkan in der Sierra de Ajusco (südwestl. Umrandung) in dieser Zeit ausbrach und die Umgebung Cuicuilcos mit Lava überdeckte. Die Stadt selbst scheint erst 100 Jahre später von anderer Lava überflutet worden zu sein, die heute als „Pedegral“ alles verbirgt, und nur die obersten Teile der großen Rundpyramide frei lässt. Das ist auch der Grund, warum wir so wenig über diese Stadt wissen, denn welcher Archäologe gräbt schon durch 6 oder 8 m Lavagestein, ohne zu wissen, ob er darunter etwas finden wird?“
Und dann geht der Artikel weiter, indem geschildert wird, dass die Einwohner der zerstörten Stadt Cuicuilco nach Teotihuacán zogen. Aus der – nicht-anthroposophischen - wissenschaftlichen Forschung wissen wir, dass diese Stadt etwa von Christi Geburt an bis ins Jahr 700 blühte.
Die Besiedlung Alt-Amerikas:
Die heute gängige Theorie besagt, dass der ganze amerikanische Doppelkontinent von Asien her besiedelt worden sei, und zwar über sehr lange Zeiträume und in mehreren Wellen, jeweils, als es eine „Landbrücke“ zwischen dem östlichsten Asien und Alaska gab. Natürlich ist diese Theorie durch Forschungsergebnisse wohl begründet.
Nun gibt es tatsächlich erstaunliche Übereinstimmungen zwischen Bevölkerungen in Tibet und Nepal einerseits und Südamerika – etwa Bolivien und Perú – andererseits,
Sie scheinen nicht nur einander in Gestalt und Aussehen, sondern auch in Bezug auf ihre Kleidung – besonders in den Farben - auffallende Ähnlichkeiten zu haben.
Das spricht in Laiensicht natürlich auch für diese Einwanderungs-Theorie.
Aber es gibt auch Fragen:
Z. B.: Wenn die ersten Siedler aus Asien kamen, warum haben sie dann in ihren vielen, vielen Sprachen keine Anklänge an die ostasiatischen Sprachen, etwa an die beiden chinesischen Hauptsprachen Kantonesisch oder Mandarin – oder an Idiome, die in Korea, in Japan usw. gesprochen werden?
Z. B.: Wenn die Besiedlung tatsächlich von Nord nach Süd erfolgte, warum haben die mesoamerikanischen Kulturen das Vigesimal-System und die Inka das Dezimal-System? (was übrigens sogar schon in der sprachlichen Bildung der Zahlen im Quetchua ersichtlich ist.)
Z. B.: Wie kommt es, dass es sowohl in Ägypten, als auch in Mesoamerika Pyramiden gibt, dass eine der ältesten ägyptischen Pyramiden, nämlich jene von Sakkara, sogar Stufen aufweist, wie die Pyramiden von Mesoamerika?
Weitere Fragen ergeben sich:
Z. B.: Zu den sprachlichen Übereinstimmungen, die Kurt Pahlen aufzeigt und die auf Zusammenhänge der verschiedensten orientalischen, afrikanischen, ja sogar indonesischen Sprachen mit hauptsächlich südamerikanischen Idiomen deuten?
Z:B.: Zu den Schiffen am Titicaca-See und Thor Heyerdahl - siehe ägyptische Schiffbautechnik, noch dazu, dass beide Arten von Schiffen aus “Stroh” gebaut werden, bzw. wurden?
Z.B.: Zu den komplizierten Bewässerungssystemen im Bereich der Inka und in Ägypten
Und so gäbe es noch einen ganzen Sack voll weiterer Fragen, die alle mehr oder weniger auf eine Besiedlung der alten Amerika vom untergegangenen Kontinent Atlantis hinzielen, einschließlich z. B. auch jener Stelle im Popol Vuh, wo von der Wanderung der Maya durch Wasser die Rede ist, die man mit der „Sündflut“ in Verbindung bringen kann.
Aus all’ dem ergibt sich die generelle FRAGE, ob die eben angedeuteten Übereinstimmungen auf eine gemeinsame Wurzel zurückgeführt werden können – eben auf einen Altlantis-Kontinent?
Der Atlantische Kontinent:
Tatsächlich hat auch ein Anthroposoph, nämlich Günther Wachsmuth, den noch Rudolf Steiner in den Vorstand der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft berufen hatte – Günther Wachsmuth also hat neben anderen Büchern auch eines geschrieben, das den Titel trägt „Werdegang der Menschheit“. Darin ist auch eine Skizze des atlantischen Kontinents enthalten, wie Wachsmuth ihn vermutete.
Da zeichnet Wachsmuth den Wanderweg ein, auf welchem die Menschen vom vor der Atlantis untergegangenen Kontinent Lemuris – über das mittlere Afrika nach Atlantis eingewandert seien. Ferner zeichnet er diverse Gegenden in diesem Kontinent ein, an denen sich diverse „Mysterien“ befunden hätten, z. B. Venus- Saturn- Mars-Mysterien usw. Außerdem zeichnet er ein, auf welchen Wegen die Bevölkerung von Atlantis beim bzw. vor dem Untergang dieses Kontinents ausgewandert seien und natürlich auch, wohin. Das Buch, das mir vorliegt, ist 1953 erschienen. – Und erst vor kurzer Zeit, nämlich in der Beilage zu „Goetheanum“ „Nachrichten für Mitglieder“ vom 16. Oktober 2009, ist die gleiche Skizze im Rahmen eines Aufsatzes abgedruckt worden.
Zu diesem Artikel „Die Wiedergeburt der sieben Mysterien“ von Ingo Hoppe ist im Nachrichtenblatt 46/2009 vom 13. November 2009 (Beilage zur Zeitschrift „Das Goetheanum“) ein Artikel von Heinrich Stracke aus Hannover veröffentlicht, der dann im Nachrichtenblatt 48/2009 noch ergänzt wurde. Den Inhalt der beiden Artikel will ich hier nicht im Detail wiederholen, nur soviel:
Wachsmuth hat beim Schreiben seines Buches den 10. Vortrag vom 16.6.1910 im „Volksseelenzyklus“ wohl nicht berücksichtigt.
Warum er ihn nicht berücksichtigt hat, ist auch eine Frage.
Eine zweite Frage ist, ob die Auffassung Wachsmuths über den atlantischen Kontinent angesichts der seit Steiners Tod inzwischen allgemein akzeptierten Kontinentalverschiebungstheorie von Wegener überhaupt noch wissenschaftlich „haltbar“ ist.
Heinrich Stracke hat in seiner eben erwähnten Darstellung – in Übereinstimmung mit Meffert - eine Skizze dieses „UR-Golfstromes“, wie er ihn sieht, gezeichnet, die ich hier zeigen möchte.
Kartenskizze Heinrich Stracke, Hannover
Wenn diese Skizze stimmt, dann würde auch eine Aussage der inzwischen längst verstorbenen ehemaligen Zweigleiterin von Zagreb (Agram), Frau Župic, für mich verständlicher: Sie meinte, in LEPENSKI VIR, dem Ort einer Ausgrabung im Bereich der Donau, ich weiß heute nicht mehr genau, wo, aber wohl irgendwo flussaufwärts von Belgrad, sei eine atlantische Mysterienstätte gewesen. Woher sie das hatte, habe ich sie damals nicht gefragt, und heute ist es zu spät.
Es gibt auch die Behauptung, dass der „Atlantische Kontinent“ kein „richtiger“ Kontinent mit einem „Festlandsockel“ gewesen sei, sondern „nur“ eine Basaltplatte über einer Zone, in der Magmaströme aus dem Erdinneren austreten und so die Kontinente auseinandertreiben. Die Berge auf diesen Platten waren natürlich Vulkane. So meint Kruparz, die Azoren seien die Reste von Atlantis, nämlich deren einstige höchste Erhebungen. Als Untergangsursache sieht er Folgendes:
Unter Basaltplatten bilden sich oft riesige mit Gas gefüllte Hohlräume. Wenn das Gas entweicht, sackt das Gebiet ab - das würde den schrittweisen Untergang von Atlantis erklären.
Lassen wir dieses Thema auf sich beruhen, wenden wir uns etwas Anderem zu:
Bedeutung einzelner Farben:
Zunächst einmal die Himmelsrichtungen:
Bei den Maya – und ich nehme an, auch im übrigen Mesoamerika – brachte man die Himmelsrichtungen mit folgenden Farben in Zusammenhang:
– mit dem Norden Weiß
– mit dem Westen Schwarz
– mit dem Süden Gelb
– mit dem Osten Rot
– der Ort, an dem man lebte Grün
(auch eine Himmelsrichtung bei den Maya! – nebenbei bemerkt, auch bei den Chinesen)
Interessant finde ich, dass der Name „Huizilopochtli“ zwei Übersetzungs-Möglichkeiten bietet:
Einmal „Kolibri links“ - oder die andere Version: „Kolibri des Südens“
In beiden Fällen steht man sozusagen mit dem Rücken gegen den Atlantik! Beides impliziert aber, dass man vom Atlantischen Ozean – oder vom Erdteil Atlantis – herkommt.
„Huizilopochtli“ und Andere:
„Huizilopochtli“ – oder verballhornt „Vitzliputzli“ – ist ein sehr vieldeutiger Name:
Einmal im positiven Sinne – bei Steiner z. B. als Sieger über den großen Schwarzmagier – andererseits auch als ein sehr böses Wesen.
Ähnlich geht es mit manchen anderen Namen, z. B. Tezkatlipoca, oder Quetzalcoatl = Cucumatz bei den Maya.
Es scheint so, als ob es ähnlich gegangen wäre, wie es ein – inzwischen leider verstorbenes - Mitglied des Grazer Zweiges, Professor Dr. Mittelberger, von der Uni Graz im Institut für vergleichende Sprachwissenschaft einmal in einem Vortrag gebracht hatte: Im Sanskrit habe die Bezeichnung „Ahura“ einen sehr positiven Sinn gehabt, dann im Persischen Zend Avesta sei „Asura“ daraus geworden, und zwar mit einem sehr bösen Sinn. -
Im Übrigen sind auch viele der altamerikanischen Götter anlässlich der Eroberung Lateinamerikas von der Kirche mit christlichen Namen versehen worden und leben als solche noch stark in der Bevölkerung weiter. – Das ist ja nichts Ungewöhnliches.
Dr. Hassler erklärte unter Anderem auch, dass z. B. Quetzalcoatl mit Jesus quasi gleichgesetzt werde. Aber diesbezüglich meine ich, es sei allergrößte Vorsicht gerade in diesem Falle angebracht, aber auch sonst...
Alte Kulte leben wieder auf:
Anlässlich einer Reise 1998, bei einem Besuch der Pyramide von Cuicuilco, sahen wir, meine Begleiterin und ich, einige Leute, die oben auf der Pyramide eine Art Kulthandlung abhielten. - Wir blickten “diskret” aus einiger Entfernung immer wieder hin. Ich fotografierte auch. Es schien uns, als habe das, was die Leute da taten, wenig bis gar nichts mit Christentum zu tun.
Bei einer späteren Reise, im Jahre 2002, waren im Bereiche von Tikal, niedrige Altäre zu sehen, auf die man sich nicht setzen durfte, um die religiösen Gefühle von Menschen nicht zu verletzen, die diese Altäre als „heilig“ ansehen.
Und bei der Reise 2008, da war es ganz offensichtlich, dass gegenüber 1998 sehr viel mehr „Opfer-Handlungen“ von „Schamanen“ gehalten wurden.
Z.B.: Bei einer einzigen recht kleinen und ziemlich verfallenen Pyramide konnte unsere Reisegruppe mehrere solche kultische Handlungen mehr oder weniger zugleich sehen. Eine Gruppe Einheimischer war gerade dabei, wie ein Schamane und eine Schamanen-Schülerin an einem Feuer etwas zelebrierten, an einer anderen Stelle, nicht weit davon, waren noch Reste einer Opferung zu sehen und die Asche rauchte noch. An einer dritten Stelle rauchte nichts mehr, aber man sah noch Reste eines fast ganz verbrannten Huhnes, wieder an einer anderen Stelle auf einer anderen Seite der kleinen Pyramide, aber auch Blumen, Kerzen, Zucker, Getränke usw.
Der einheimische Führer, der uns begleitete, gab auch einige Auskünfte z. B. über die geopferten Sachen
Kopalharz (Weihrauch)
„Feuerwasser“ (Alkohol)
Blumen
Hühnchen
Zucker
Für verschiedene Anliegen opfert man farbige Kerzen
Schwarz gegen einen Feind
Rot aus Liebe
Grün wegen Wünschen
Gelb für Erwachsene
Weiß bei einem Baby-Wunsch
Pink für mehr Geld
Das Verhältnis zum Tod:
Nicht nur wie in Österreich ist „Allerseelen“ (und Allerheiligen) in Mexiko dem Gedenken an die Toten gewidmet, sondern der ganze November.
Beim Feiern des Allerseelentages wird daheim für die ganze Familie, einschließlich der Verstorbenen aufgedeckt. Gegen Ende der Mahlzeit, wenn die Toten nicht alles aufgegessen haben, dürfen die lebenden Anwesenden das essen und trinken, was die Toten übrig gelassen haben.
Auf Friedhöfen wird „mit den Toten“ gefeiert, gegessen, getrunken, getanzt. Man findet danach auf den Friedhöfen noch die Reste von den Feiern, natürlich auch Blumen. Bei einem Friedhof sahen wir Luftballons, die an Elektroleitungen hängen geblieben waren. Sie sollten den Toten Freude machen.
An Balkongeländern, in Schaufenstern und auch sonst sind Tote und Skelette abgebildet, vor Geschäftslokalen gibt es Schaufensterpuppen, die als Tote hergerichtet sind.
In Mexiko-City bekam ich sogar eine Werbebroschüre für eine Konditorei, in der man beim Besuch im November gratis ein Totenköpfchen aus Marzipan bekäme..
Das alles reicht weit in die Vergangenheit zurück. Schon in der vorkolumbischen Tempelanlage von Chichén Itzá findet man eine ganze Mauer, die aus Totenschädeln besteht – natürlich nicht „natürliche“, sondern solche aus Stein.
Die Totengebeine werden als „Keimzellen“ für neues Leben verstanden.
Rudolf Steiner sagt im schon erwähnten „Volksseelen-Zyklus“, dass es eine Aufgabe der altmexikanischen Kultur gewesen sei, sich besonders mit dem Tode auseinanderzusetzen, und zwar nicht nur mit dem Tod von Menschen, sondern mit dem ganzen „Todeselement“, das ja gerade auch unserer gesamten technischen Kultur zu Grunde liegt. – Wir bauen und konstruieren ja fast alles aus toten Elementen: Gebäude, Maschinen, Geräte ... All das soll und muss ja aus „toter Materie“ sein...
(C) Bild: Vom Weltreise-Blog der Gnomads, Nils und Yvonne
Römeling, http://www.gnomad.de/mexiko/chichen-itza-in-yucatan/ - mit freundlicher Genehmigung aus der Ferne hier wiedergegeben. Herzlicher Dank an die Weltreisenden!
Verhalten der Spanier, bzw. der „Christen“, bei und nach der Eroberung:
Es ist ja bekannt, dass die Spanier z. B. bei und nach der Eroberung von Mexiko sehr grausam vorgegangen sind. Es wurden nicht nur viele, viele Kulturgüter vernichtet, z. B. „Bücher“ verbrannt, Goldschätze eingeschmolzen, die Stadt Tenochtitlan zerstört, und an ihrer Stelle aus dem Material der zerstörten Bauten die Stadt Mexiko aufgebaut, sondern es wurden auch unzählige Menschen getötet – und das alles „im Namen Christi“. – So konnte die damals lebende Bevölkerung des alten Mexiko wirklich ihre „Erfahrungen mit dem Tod“ machen ....
Besonders hervorgetan hat sich bei der Verbrennung der „Bücher“ ein Priester mit Namen Diego de Landa, der „einen kleinen Berg“ – vermutlich Tausende - von „Büchern“ verbrennen ließ. –
„Bücher“ in unserem Sinne waren es zwar nicht, sondern eher ziehharmonika-artige Faltbücher - „Leporellos“ - aus dortigem „Papier“, das natürlich auch nicht „unser“ Papier war, sondern aus pflanzlichen, teilweise auch aus tierischen Materialien bestand.
Es sind nur ganz wenige „Codices“ bzw. Teile davon erhalten geblieben, die von den Wissenschaftlern bearbeitet werden konnten. Ich habe ja den russischen Gelehrten Knorosow erwähnt.-
Später aber hat Diego de Landa – warum, weiß ich nicht – dann doch Vieles aufzeichnen lassen, was mit der Kultur dieses Landes zusammenhängt, so z. B. den Kalender, wie ich am Anfang dieses Vortrages ausgeführt habe.
Das Zeitalter der „Erfindungen und Entdeckungen“:
Mit der Vertreibung der Mauren aus Spanien, spätestens mit den „Reyes catholicos“, Isabell und Ferdinand von Spanien, die dem Kolumbus 1492 die Schiffe zur Verfügung gestellt hatten, begann ein neues Zeitalter für Europa ... Das haben wir ja alle in der Schule gelernt. – Eigentlich müsste man das nicht einmal besonders betonen.
Und doch!
Bis zur endgültigen Vertreibung der Mauren hatte es in Spanien ein reiches Kulturleben gegeben. Araber, Juden und Christen lebten vielfach in recht harmonischen Verhältnissen zusammen. Und was „passierte“ zugleich mit dem Erfolg der „Reconquista“, der Rückeroberung der iberischen Halbinsel durch die Christen?
Juden und Mauren wurden entweder getötet, vertrieben oder „zwangskatholisiert“.
Das Kulturleben verarmte ungeheuer.
Aber auch im übrigen Europa begannen die „neuen Zeiten“. – Ein „Neues Bewusstsein“ setzte ein mit den bekannten Entdeckungen und Erfindungen, mit dem Beginn dessen, was sich dann zu unserer „Wissenschaft“ entwickelte.
Steiner nennt es „die 5. nachatlantische Kulturepoche“ und sagt auch, wir seien jetzt im „Bewusstseinsseelenzeitalter“ - Und wir müssen eigentlich nicht besonders stolz darauf sein, dass „die Weißen“ zunächst die ersten Träger dieses „Bewusstseinsseelenzeitalters“ waren bzw. sind.
Eigentlich haben ja die Europäer seit den Zeiten von Kolumbus bis auf wenige Ausnahmen alle Kontinente nicht nur „entdeckt“, und „christianisiert“, sondern vor allem auch erobert.
Zunächst „siegten“ sie beinahe überall, aber immerhin begannen sich doch schon im 19. Jh. – vor allem spanische – Kolonien selbständig zu machen und dieser Prozess hat sich vor allem nach dem 2. Weltkrieg gewaltig beschleunigt.
Aus Kolonien wurden selbständige Staaten. Aber die „Weißen“ – oder mit heutigen Begriffen „der Westen“ behielt seine Machtstellung durch wirtschaftliche Zwänge, die er den „selbständigen“ Staaten auferlegen konnte.
Das ist auch ein Signum dieses Zeitalters.
Gegenwart und Zukunft – nicht nur von ehemaligen Kolonien:
So schreibt z. B. Jean Ziegler in seinem 2008 erschienenen Buch „Der Hass auf den Westen“ über das Verhältnis der „AKP-Staaten“ Folgendes (p. 88 ff):
„...Die sechsundsiebzig AKP- Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik) sind alle ehemalige Kolonien der einen oder anderen europäischen Macht. Im Laufe des wirtschaftlichen Vereinigungsprozesses Europas haben die Mitgliedstaaten beschlossen, besondere Wirtschaftsbeziehungen zu ihren ehemaligen Kolonien zu garantieren ...
Seit der Dekolonisierung unterhielt die Europäische Gemeinschaft, später die Europäische Union, stets Abkommen mit den AKP-Staaten, die den bedürftigsten Ländern gewisse Privilegien einräumten. Das letzte, das sogenannte Cotonou-Abkommen, wurde im Jahre 2000 unterzeichnet. ... Die AKP-Staaten konnten zu für sie günstigen Zolltarifen Produkte nach Europa ausführen, ohne das Recht einzubüßen, auf Waren aus der Europäischen Union Einfuhrzölle zu erheben.
Das Cotonou-Abkommen war auf zwanzig Jahre angelegt. Theoretisch wäre es also 2020 ausgelaufen. Doch 2006 zogen die Kommissare in Brüssel ihre Unterschrift plötzlich zurück. Einseitig.
Augenblicklich verlangte der Handelskommissar Peter Mandelson von den AKP-Staaten die Aufnahme von Verhandlungen über ein neues Wirtschafts-Partnerschaftsabkommen (WPA). Um den Widerstand der südlichen Länder von Anfang an zu schwächen, verzichtete er auf die alte, in Cotonou (und davor in Lomé) verwendete Methode multilateraler Verhandlungen.
Die Verhandlungen wurden gruppenweise geführt.
Schließlich wurde ein System eingerichtet, kraft dessen sechs Brüsseler Delegationen mit sechs Gruppen der AKP-Staaten verhandeln.
Die AKP-Staaten wurden aufgefordert, keine Einfuhrzölle mehr auf Waren aus Europa zu erheben.
Das Großherzogtum Luxemburg wird bei der UNO in Genf durch Jean Feyder, einen Botschafter von erfrischend unabhängiger Geisteshaltung vertreten. Der spricht aus, was evident ist:
<Der Wegfall der Zollschranken auf die Einfuhr europäischer Produkte wird die Produkte einer der wirtschaftlich fortgeschrittensten Regionen mit denen einiger der ärmsten Länder der Welt in unmittelbare Konkurrenz bringen.>
...Wenn man also einen AKP-Staat seiner Zoll-Einnahmen beraubt, so heißt das, ihn zu Unterwerfung, Abhängigkeit, Ausbeutung zu verurteilen.
Doch die gegenwärtigen Brüsseler Verhandlungen, die den AKP-Staaten aufgezwungen werden, betreffen nicht nur die Handelsbeziehungen. Auf das WPA soll schon bald ein Investitionsabkommen folgen. ...“
Zum aufkommenden Selbstbewusstsein ehemaliger Kolonien beschreibt Jean Ziegler folgendes Ereignis:
(Jean Ziegler :Der Hass auf den Westen Bertelsmann 2008, Erster Teil: An den Quellen des Hasses. Kapitel VI Sarkozy in Afrika)
„... Am 20. Dezember 2007 besuchte Sarkozy Algerien. Dieses Land hat sich, ungeachtet der Probleme, die es bedrängen, um die Sanierung seiner Staatsfinanzen bemüht und verfügt über beachtliche Devisenreserven. ...
Konsterniert vom Desaster in Dakar, wollte Sarkozy in Algerien nur über Geschäfte sprechen. Doch er hatte seine Rechnung ohne Abdelasiz Bouteflika, dessen Regierung und praktisch die gesamte öffentliche Meinung Algeriens gemacht.
Im Präsidentenpalast von Algier setzten sich die beiden Delegationen einander gegenüber an einen mit kostbarem Damast bedeckten langen Holztisch. Die Verhandlungen hatten noch nicht begonnen. Da sagte Abdelasiz Bouteflika plötzlich: „Zuerst will ich Ihre Entschuldigung für Serif.“
Am 8. Mai 1945, während in Paris die Freudenglocken läuteten, demonstrierten in Serif und den Nachbarstädten hunderttausende unbewaffnete Algerier – darunter viele Frauen und Kinder – für die Autonomie ihres Landes. Fünfundvierzigtausend unter ihnen wurden von der französischen Luftwaffe, der Fremdenlegion und der Armee niedergemetzelt. Der Tagesbefehl des kommandierenden Generals Duval war eindeutig: „Es ist jetzt 12 Uhr 25. Bis morgen um 12 Uhr 25 sind alle männlichen Eingeborenen über 15 Jahre, die euch über den Weg laufen, zu töten.“
Sarkozy versuchte es
mit einer wenig geschickten Ausflucht: „Die Vergangenheit, die gibt
es, die Zukunft muss erbaut werden. Ich bin gekommen, um zu bauen,
nicht der Nostalgie wegen“.
- Bouteflika verlangte eine
Entschuldigung, Sarkozy entzog sich durch „Verweigerung der
Nostalgie“. Die Antwort Bouteflikas war scharf: „Das Gedächtnis
kommt vor den Geschäften.“
Die beiden Delegationen gingen auseinander ohne Verhandlungen.
Fragen an die Zukunft:
Ich bin mit den letzten Zitaten bewusst über den Rahmen der ehemals spanischen Kolonien hinausgegangen – vermutlich werden Sie verstehen, warum.
Das Bewusstseinsseelenzeitalter ist kein gemütliches! – Die Kulturwelt soll – so meine ich – etwas lernen. Ein gewisser Anfang ist ja gemacht:
Aber eine Garantie dafür gibt es nicht. – Tun wir also das Unsere!
Einschlägige Literatur:
- Antonio Mediz Bolio: La Tierra del Faisán y del Venado, Ediciones Bolas, México, Ediciones Dante, S. A. 1983 (“El Caminante”)
-Antonio Mediz Bolio: Das Land des Fasans und des Hirsches, Legenden der Mayas, Nachwort von Kurt Pahlen, Aus dem Spanischen übersetzt von H. Boelicke und P. Kalmar, Manesse Verlag Zürich, 1960
- Michael D. Coe: Breaking the Maya Code, Thames & Hudson Ltd. London 1992, deutsch von Dr. Frauke J. Riese, Rowolt 1995 als “Das Geheimnis der Maya-Schrift - Ein Code wird entschlüsselt”
- Peter Hasler: “Menschenopfer bei den Atzeken? – Eine quellen- und ideologiekritische Studie” Reihe XIX, Volkskunde/Völkerkunde. Abt. B. Ethnologie. Bd. 30, Verlag Peter Lang , Bern 1992
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Mitteilungen aus der Anthroposophischen Arbeit in Deutschland, Weihnachten 1987
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Popol Vuh, Das Buch des Rates, Mythos und Geschichte der Maya, Diederichs gelbe Reihe, Sonderausgabe 1988
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Hanns J. Prem, Ursula Dyckeroff: Das Alte Mexiko – Geschichte und Kultur der Völker Mesoamerikas. C. Bertelsmann 1986
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Peter Tompkins: Die Wiege der Sonne – Die Geheimnisse der mexikanischen Pyramiden, Knaur 3620, Febr. 1980
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Francesco Sandoval: La cosmovision Maya Quiche en el Popol Vuh. Serviprensa Centroamericana de Guatemala 1988, editorial cultura 10
-
Rudolf Steiner, GA 171 (3. u 5. Vortr.) ; GA 104 (12. Vortr.); GA 184;
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Die Zeit Nr. 38, 11. September 1992, Seite 92 “Zeitläufte”.
(C) Text: Hans Stracke, Graz; leichte Bearbeitung für diese Veröffentlichung und Bildauswahl: Dr. Helge Mücke, Hannover.
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