Dieser Roman von Uwe Henrich ist aus der Zukunft geschrieben. Die Willenskeime unserer Gegenwart haben sich 2017 teilweise entfaltet. Was noch weiter wachsen muss, wird bis in eine spätere Zukunft hinein von einer Stiftung gepflegt, die Christoph Hartweil kurz vor seinem überraschenden Tod selber noch begründet hat. "Ermöglichen und befreien" (statt fordern und fördern) lautet das Leitmotiv der Stiftung - ein bedingungsfreies Grundeinkommen ist in jener zukünftigen Gegenwart 2017 bereits eingeführt. Dabei haben Banken die Vorreiterrolle übernommen - vor dem Hintergrund einer sozial extrem unruhigen Zeit. Der Weg bis dahin war schwierig und langwierig.
Es beginnt mit Visionen und Träumen - "Der Weg in die Welt der inneren Bilder" (Teil 1). Drei Menschen begegnen sich in jungen Jahren, ganz am Anfang ihres Berufsweges - der Banker Christoph und die später verheirateten Vera und Georg, eine Naturwissenschaftlerin und ein Psychologe. Mit wachsender Freundschaft vertrauen sie einander ihre erlebten Bilder an, meist in poetischer Form. Christophs Visionen werden teilweise so extrem, dass er die Grenze ziehen muss; das macht er sehr abrupt, stürzt sich in die berufliche Arbeit und beendet ohne Erklärung die freundschaftliche Verbindung.
Dreißig Jahre später erst sollten sie sich wiederbegegnen (Teil 2: "Der Weg hinaus zur Überwindung der Krise"). Ihre Freundschaft gewinnt an Tiefe. Siebenmal finden sie sich in lockerer Atmosphäre zu geistreichen Gesprächen zusammen: Raum und Zeit? Wahrnehmen und Denken? Geist und Materie? Gut und Böse? Wiedergeburt, Gnade und Schicksalsauftrag? - das sind einige der tief reichenden Themen. Aus dem Hintergrund werden sie von einem väterlichen Freund begleitet, dem alten erblindeten Anthroposophen Dr. Zannor.
Aber
sie
reden nicht nur. Schließlich gelingt ihnen der Durchbruch zum
gesellschaftlichen Wirken, Christoph vor allem: Von
seiner Bank war ihm der Aufgabenbereich „Gesellschaftspolitik und
Zukunftsfragen“ übertragen worden. Während die sozialen Unruhen
wachsen, gelingt es ihm, seine Bank davon zu überzeugen, bei der
Einführung des bedingungsfreien Grundeinkommens die Führungsrolle zu übernehmen.
Dies alles erzählt der Ministerialrat a.D. Uwe Henrich durchaus spannend, in flüssiger Sprache, mit abwechslungsreichen Stilmitteln. Bewundernswert, wie es ihm gelingt, die Metamorphose der drei Menschen zu gestalten: vom ungehaltenen gefühlsbetonten Inneren in der Jugend zum geistig durchgeformten Ideengebäude im reifen Alter und schließlich zum Zukunftskeim ihrer Taten, den der Tod nicht abschneidet. Die Umstülpung des individuellen Inneren in das unermessliche kosmische Außen, wie sie auch Katharina Grosse in ihrer Installation in der Wolfsburger Ausstellung thematisiert hat. Dieser "Zukunftsroman" ist ganz nahe an unserer Gegenwart. Es ist der einzige "anthroposophische" Roman, den ich kenne - bei dem aber der anthroposophische Hintergrund künstlerisch so durchgeformt ist, dass man ihn kaum bemerkt. Auch der Roman einer Freundschaft und ein Roman der Gesprächskultur. Sehr empfehlenswert!
Uwe Henrich:
2017. Wie aus Visionen Zukunft
wuchs. Web-Site-Verlag: Ebersdorf 2010. 250 Seiten, Euro 14,80.
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