Helge Mücke:
Naturhafte Zeichen-Setzungen: Dieter Rammlmair
Dieter Rammlmair setzt Zeichen - manchmal mit der Natur, manchmal in der Natur, in der Landschaft, manchmal auch ein bisschen gegen die Natur, sie ergänzend. Immer wieder das Spiel zwischen Natur und Kunst; das scheint den Künstler zu reizen - ich fühle mich an Goethes Gedicht erinnert, der ja immer auch den Gegensatz zwischen naivem und reflektivem künstlerischen Arbeiten meinte. Pflanzliches, in Jahren Gewachsenes, wird mit tierischen Elementen verbunden. Männliches und Weibliches wird ohne einseitige Gewichtung verbunden. Menschlich Wesenhaftes scheint nur manchmal auf, jedenfalls in den plastischen Arbeiten; aber in seinem Atelier habe ich auch sehr überzeugende Porträts und Aktbilder (aus früheren Jahren) gesehen.
Kennen gelernt habe ich Dieter Rammlmairs Arbeiten in einer Ausstellung im Siemensforum in Hannover. Das verbindende Thema hieß „androgyn“: Arbeiten aus ganzen Stammstücken, Wurzelwerk, Rindenschichten - das ragend Unbeirrbare verbunden mit dem nach innen gewendeten Offenen. Manchmal ist an den Naturobjekten nur wenig verändert, durch etwas rote Farbe etwa, wie in dem Beispiel.
Androgyn ist der Versuch, Kontraste wie: hart und weich, spitz und rund, warm und kalt, weiß und farbig, männlich und weiblich zu vereinen unter Belassung eines veränderlichen Maßes an Eigenständigkeit des einen oder anderen Gegensatzes. Der Grundgedanke, der den Objekten und Skulpturen zugrunde liegt, ist „Schwarz“ und „Weiß“ derart miteinander zu verknüpfen, daß kein „Grau(en)“ entsteht. Gegensätze sind gewollt, interaktiv und koexistent - so sagt es der Künstler selber.
Auf der einen Seite gibt es große Skulpturen, die in der Landschaft stehen müssen - manchmal in besonders rauer Umgebung wie auf den Lofoten in Norwegen. Auf der anderen Seite gibt es kleine Schaukästen: darin Rindenstücke mit Perlhuhnfedern und -skeletten, auch hier aufgehobene Kontraste.
Die großen Figuren (s. Beispiel „mkubwa“) sind oft von der Wahrnehmung anderer Völker inspiriert, die Dieter Rammlmair auf Reisen im Zusammenhang mit seiner naturwissenschaftlichen Arbeit (als Mineraloge und Petrograph) machen konnte.
Wiederum in seinen eigenen Worten: Die Arbeiten haben Aspekte der archaischen Schnitz-, Binde- und Kombinationskunst, sowie der Farbenfreudigkeit der Menschen aus Papua Neuguinea, der Holzskulpturen der Makonde aus Tansania und der Steinskulpturen der Schona aus Simbabwe aufgenommen.
Die Objekte fördern und fordern die assoziative und teils physische Beteiligung der betrachtenden Person.
Ein paar biografische Fakten:
Dieter Rammlmair
wurde 1956 in Bozen, Südtirol, in Italien geboren. Er studierte
Philosophie und die naturwissenschaftlichen Fächer Mineralogie und
Petrographie an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. Heute lebt
er in Hannover, ist verheiratet mit Deta Stracke, mit der zusammen er
den Sohn Tido aufzieht.
Künstlerisch ist er Autodidakt.
Zunächst arbeitete er fotografisch (ab 1976): Bilder von Menschen, Landschaft und strukturellen Details.
Ab 1981 nutzte er graphische und malerische Möglichkeiten für Selbstporträts, Porträts und Akte.
Seit
1987 arbeitet er, wie von mir schon beschrieben, mit wind-, wasser-,
lebewesengeformten Naturmaterialien, wie Pflanzen-, Tierresten und
Steinen in Kombination mit Farbe für Objekte.
Ab 1995 verstärkt er die Überarbeitung und Gestaltung von Rinde und Holz zu Objekten, Stelen und Skulpturen.
Verschiedene Einzelausstellungen in Hannover und Meran.
Gruppenausstellungen in Hannover, Springe, Hildesheim u.a.
Aktionen:
Gemeinsam mit Deta Stracke Planung und Anleitung bei der Gestaltung
des Aufnahmebereichs in der Kinderklinik der Medizinischen Hochschule
Hannover (1999); Stelen auf Kjeøya, Lofoten, Norwegen (2001).
Symposien:
Gast beim 1. Internationales Bildhauersymposium in Rimsting/Chiemsee
(2001); Boom en Beeld, Internationales Bildhauersymposium in Putten, NL
(2003) (www. boomenbeeld.nl);
Kontakt: Hindenburgstr.7a, 30175 Hannover; Fax:01212-5-116-98-251;
E-Mail: rammlmair@web.de, www.kulturserver-nds.
Wer ihn noch nicht kennt: Dieter Rammlmair ist unbedingt
eine Entdeckung wert - zum Beispiel auf dem Art-Markt in der
Kröpcke-Passage. Wer ihn kennt, kommt sowieso.
Text: © Helge Mücke, mit Zitaten aus einem Text des Künstlers (kursive Teile).
Tags: Rammlmair,_Dieter Art-Markt_Hannover Kunst,_Bildende Skulpturenkunst
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