Buchlust 2006 in Hannover am 18. und 19. November - ein Vorblick
20 der besten kleineren Verlage und Kunstpressen aus Niedersachsen, dem Saarland und Rheinland-Pfalz
Ausstellung und Lesungen
Dieses Mal möchte ich rechtzeitig, wenn auch kurzfristig auf die "Buchlust" hinweisen. Vor einem Jahr war hier schon einmal die Rede von ihr (Sie sehen also, liebe Dauerleser von Anfang an - falls es S/sie denn gibt -, allmählich entsteht Kontinuität in diesem Blog).
Die "Buchlust" macht tatsächlich Lust auf Bücher - vor allem auf das schöne Buch. Denn dem widmen sich meist gerade die kleinen Verlage.
20 Verlage sind es auch in diesem Jahr, ausgewählt von einer Jury. Den Regeln nach wird zu Niedersachsen ein weiteres Bundesland hinzu geladen - dieses Mal sind es sogar zwei: Saarland und Rheinland-Pfalz. Zusätzlich zu den Verlagsständen mit vielen ausgestellten Büchern gibt es eine Reihe von Lesungen. Das alles kostet nur 2 Euro Eintritt (!); für die Veranstaltungen sollte man sich allerdings Reservierungskarten geben lassen (die dann also nicht extra kosten).
Ort: Künstlerhaus Hannover, Sophienstr. 2; Zeit: jeweils 10 bis 18 Uhr
Die Lesetermine im Überblick
Samstag, 18.11.2006
14.00 Uhr Sabine Peters liest „Singsand“, Moderation: Thorsten Ahrend (Wallstein Verlag)
15.30 Uhr Miroslav Nemec liest aus Vikram Chandras „Der Gott von Bombay“
17.00 Uhr Mirco Buchwitz: „Bis dahin“ – Literaturperformance mit Musik (zeter & mordio Verlag)
Sonntag, 19.11.2006
11.00 Uhr Fitz J. Raddatz liest literarische Essays: „Schreiben heißt, sein Herz waschen“
(zu Klampen Verlag)
13.30 Uhr Holger Naujokat liest Texte von Xavier Grall (Conte Verlag)
15.00 Uhr Klaus Modick liest “Bestseller“
16.30 Uhr Vortrag von Joachim Perels: „Ist die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik misslungen?“ (Offizin Verlag)
Weitere Informationen auf der Homepage des Literaturbüros Hannover.
Zu den Lesungen, deren Besuch ich plane, folgen auch an dieser Stelle einige Einzelheiten - die ich später, nach dem Besuch, ergänzen werde.
Samstag, 14 Uhr:
Sabine Peters „Singsand“ (Wallstein Verlag)
Moderation: Dr. Thorsten AhrendAls Marie und Rupert ihren Freunden sagen, dass sie nach Israel reisen, reagieren manche bestürzt. Wie kann man in eine Krisenregion fahren, in der Attentate derart den Alltag bestimmen? Auf der Reise aber geht es nicht darum, vorschnelle Antworten zu geben, sondern genau hinzuschauen. So spricht Marie mit Moshe, der sich keinen Illusionen über die Schwierigkeit der Lage hingibt und dennoch ein fröhlicher Mensch ist. Sie trifft Amal, die israelische Palästinenserin, schließt Bekanntschaft mit Beduinen und erlebt am eigenen Leib, was halblegale Grenzübertritte bedeuten.
In ihrem Roman einer Reise durchs Gelobte Land schildert Sabine Peters mit klarem Blick die menschliche Seite des israelisch-palästinensischen Konflikts und verdichtet diese zu einer ethnografisch-poetischen Lektüre, in der das Eigene sich im Fremden spiegelt – und erkennt.
Sabine Peters, geb. 1961 in Neuwied, studierte Literaturwissenschaft, Politologie und Philosophie und lebte als freie Autorin und Kritikerin in Hamburg. Zuletzt wurde sie mit dem Evangelischen Buchpreis 2005 ausgezeichnet.
Thorsten Ahrend, geb. 1960, arbeitete als Lektor u.a. bei Reclam Leipzig und bei Suhrkamp; seit 2005 ist er verantwortlich für das belletristische Programm des Wallstein Verlags.
Foto Sabine Peters: © Annemarie Heibrock
Samstag, 18.11.2006, 15.30 Uhr:
Miroslav Nemec
liest Vikram Chandras „Der Gott von Bombay", Aufbau-VerlagMiroslav Nemec ist seit den 90er Jahren vor allem als Münchener „Tatort“-Kommissar Ivo Batic bekannt. Kaum ein Schauspieler eignet sich also besser, aus dem aktuellen Kriminalroman des zur Zeit international erfolgreichsten indischen Autors zu lesen: aus Vikram Chandras „Der Gott von Bombay“.
Inspektor Sartaj Singh, Melancholiker und Frauenheld wider Willen, kommt in dem Roman dem meistgesuchten Gangster Indiens, Ganesh Gaitondes, auf die Spur. Virtuos entfaltet Chandra dabei ein farbenprächtiges Panorama des heutigen Bombay, lässt Gangster und Polizisten, fliegende Händler und Rikschafahrer, Bollywood-Stars und Gurus, Tänzerinnen und Taschendiebe in all ihren Facetten zum Leben erwachen.
„Der glückliche Fall eines Autors, der den Reichtum Indiens mit der Kunstfertigkeit amerikanischen Erzählhandwerks verbindet.“ FAZ
Miroslav Nemec, geb. 1954 in Zagreb, studierte in Salzburg Musik und besuchte die Schauspielakademie in Zürich. Seit 1977 spielte er an verschiedenen Bühnen und wandte sich dann mehr und mehr dem TV-Film zu. Für seine Rolle als „Tatort“-Kommissar bekam er den "Goldenen Löwen" und den „Bayerischen Fernsehpreis“.
Vikram Chandra, geb. 1961 in Neu-Delhi, studierte in den USA Film und Kreatives Schreiben und lebt als Buch- und Drehbuchautor in Mumbai und in Berkeley, wo er auch Creative Writing unterrichtet.
Foto: Statt Nemec zu zeigen (das Foto wäre honorarpflichtig; sein Gesicht dürfte aber jeder kennen), gebe ich hier ein Bild des Autors wieder. © Aufbau-Verlag
Nemec ist ohne Frage als "Zugpferd" eingeladen (was der Vorverkauf bestätigt); der Aufbau-Verlag gehört gar nicht zu den ausstellenden Verlagen. Kathrin Dittmer, Leiterin der Literaturetage, hat sich in einem Interview entsprechend geäußert und freut sich darauf, wenn die Besucher anschließend auch die Ausstellung besichtigen.
Samstag, 18.11.2006, 17.00 Uhr: Mirco Buchwitz: „Bis dahin“ – Literaturperformance mit Musik (zeter & mordio Verlag)
Sonntag, 19.11.2006, 11.00 Uhr:
Fritz J. Raddatz
„Schreiben heißt, sein Herz waschen“ (zu Klampen Verlag)In elf fulminanten Essays geht der große Literaturkritiker Raddatz, der mit seinem sprichwörtlichen Esprit das intellektuelle Klima der Bundesrepublik entscheidend mitgeprägt hat, der Frage auf den Grund: Gibt es Kunst ohne Gewissen?
Ohne als Moralist zu argumentieren, verfolgt er am Beispiel herausragender deutschsprachiger Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, worin der Zusammenhang des Schönen mit dem Guten, der Ästhetik mit der Moral, liegt und wie sehr der Irrlauf des Gewissens Teil eines bedeutenden Werkes sein kann. Die Epoche zwischen den beiden Weltkriegen, die Zeit des Kalten Krieges und die Auswirkungen der Wiedervereinigung auf die ost- und westdeutsche Literaturszene bieten ihm reiches Anschauungsmaterial für seine Essays zu Thomas Mann, Musil, Brecht, Christa Wolf u.a..
Fritz J. Raddatz, geb. 1931 in Berlin, ist freier Essayist, Publizist und Autor. Er studierte u.a. Germanistik, habilitierte sich 1971, war 1960-69 stellvertretender Leiter im Rowohlt Verlag, und 1977-85 Feuilletonchef der ZEIT.
Foto: © Sophie Bassou, Sygma
Sonntag, 19.11.2006, 13.30 Uhr:
Holger Naujokat liest Texte von Xavier Grall (Conte Verlag)
Sonntag, 19.11.2006, 15.00 Uhr:
Klaus Modick
„Bestseller“
Der nur mäßig erfolgreiche Schriftsteller Lukas Domcik erbt von seiner Tante Thea einen Koffer voller in den 30er bis 50er Jahren verfasster Schriftstücke: unsägliches Backfischgeschreibsel der glühenden Nazisse und späteren reuigen Sünderin. Als ihn sein Verleger dazu drängen will, eine „hollywood-kompatible Dokufiction“ zu schreiben, verzapft er also – mit Hilfe der hochattraktiven Rachel, die als vermeintliche Autorin auftritt – aus Tante Theas literarischen Ergüssen den gewünschten Bestseller. Doch schon bald verliert Domcik in Sachen Liebe und Literaturbetrieb die Fäden aus der Hand...
Ironisch und leicht schreibt Modick diese freche Satire auf den deutschen Literaturbetrieb und nimmt dabei auch die lukrativen medialen Floskeln der Vergangenheitsbewältigung aufs Korn.
Klaus Modick, geb. 1951, lebt als freier Schriftsteller, Kolumnist und Übersetzer in Oldenburg. Für sein umfangreiches Werk wurde er u.a. mit dem Nicolas-Born-Preis 2005 ausgezeichnet.
Foto: Literaturetage Hannover (ohne Quellenangabe)
Sonntag, 19.11.2006, 16.30 Uhr: Prof. Joachim Perels „Ist die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik misslungen?“ (Offizin Verlag)
Abschließend wiederhole ich meine Sätze vom Vorjahr:
Auf nach Hannover in das Künstlerhaus, Sophienstr. 2 - es lohnt sich sehr (ich weiß es aus anderen Jahren)!
Empfehlenswert
besonders das Anschauen von schönen Büchern, künstlerischen Büchern,
Kunstbüchern - auch (oder gerade) wenn der Geldbeutel dafür nicht
reicht.
© Texte: Helge Mücke, Hannover und Literaturetage Hannover (bei den einzelnen Veranstaltungen); Bilder: wie angegeben.
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