Ausnahmsweise möchte ich hier einmal einen längeren Bericht einsetzen - für einen typischen Blogartikel sicherlich zu lang, aber ich versuche das einmal.
Norwegen 2008,
ein persönlicher Reisebericht
Norwegen – noch immer mein
Traumreiseland!
Auf einmal kriegte ich große
Lust, nach sechs (!) Jahren endlich einmal wieder dorthin zu reisen.
Aber wie?
Und: es musste alleine sein. Man muss
auch mal alleine sein können ... Und möglichst
preisgünstig, ohne Auto.
Dann habe ich das Internet bemüht
– und bin auf Eurolines gestoßen: dreimal wöchentlich Hamburg – Oslo oder auch gleich von
Hannover (dem hässlichsten Busbahnhof Europas). Nur ca. 175
Euro hin und zurück. Am Abend los, am nächsten Nachmittag
gegen zwei schon in Oslo. Nicht, dass ich gerne über Nacht im
Bus sitze – aber Billigflüge sind auch nicht besser und kosten
etwa dasselbe (wenn man Platz kriegt).
Mach ich!!
Nur mit dem Datum musste ich noch etwas
Geduld haben – denn ich wusste aus Erfahrung: ab Mitte Juli ist das
Wetter am ehesten stabil. Was sich übrigens als goldrichtig
erwies!
Um es vorwegzunehmen: Nicht alles, was ich mir vorgestellt hatte, ließ sich verwirklichen. Wanderrucksack ja, aber ohne Zelt, Gewicht groß genug; Streckenwandern von Hütte zu Hütte im Hochgebirge: nein, nicht mit dem Gewicht; Einsamkeit: nicht so ganz; Alleinsein, es ruhig angehen, Lesen und Schreiben: weitgehend; trotzdem mit leichtem Gepäck im Hochgebirge: ja, Naturerlebnisse: nur zum Teil.
Kurzum: Am 22. Juli ging es los. Am Abend ab ca. 21 Uhr über Hamburg, Fährstrecke Puttgarden – Rødby (da, wo die neue Brücke geplant ist), Kopenhagen – Malmø (über die bereits bestehende neue Brücke), an Oslo 14.40 Uhr
In Oslo wollte ich nur für eine Zwischenübernachtung bleiben. In Norwegen bin ich mit dem sehr gut ausgebauten Fernbusliniennetz gereist – s. hier (das ist aber nur Süd-Norwegen).
Meine Stationen seht ihr auf der Karte, die ich hier wiedergebe – ich hoffe, man kann die Namen lesen, s. auch die roten Punkte.
Nach einem hervorragenden Frühstücksbuffet im Hotel Bondeheim (heute Best Western angeschlossen) und ein bisschen Stadtbesichtigung bin ich viertel vor zwei weiter nach Lillehammer, bekannt als Olympiastadt, halb fünf war ich dort.
Da hat es mir aber nicht gefallen – zu viel Betrieb, der Campingplatz wunderbar für Familien – aber in Familie wollte ich eigentlich nicht bleiben ...
Einen kleinen Eindruck gebe ich hier nur als Montage wieder – beachtet die Trollfiguren neben der Rezeption, auch nicht mehr aus Holz, in Plastik, Kitsch!
Ich wollte also weiter. Inzwischen hatte ich mir die entsprechenden Unterlagen besorgt, z.B. einen Fahrplan der norwegischen Fernbuslinien, und konnte gleich planen. Lom sollte mein nächstes Ziel sein. Am nächsten Tag gegen Mittag fuhr ich los, gegen vier am Nachmittag kam ich an, am 24. Juli war das.
Man kann es auf der Karte vielleicht erkennen: Erst geht es auf dem E 6 weiter bis Otta, dann nach links, äh, ich meine: westwärts, noch ein Stück auf dem riksvei 15 (riksvei = Reichsweg, entsprechend unseren Bundesstraßen).
Hier, in dem Ort mit einem der kürzesten Namen der Welt, sollte ich meinen Platz finden – in einer Campinghütte am Rande des Geländes. Zunächst buchte ich sieben Nächte, dann verlängerte ich noch einmal um fünf Nächte; der Preis von ca. 40 Euro ist für norwegische Verhältnisse annehmbar (pro Nacht – und, wie in Norwegen üblich, pro Hütte).
Ist sie nicht schön, „meine“ Hütte?
Diese Campinghütte war ungewöhnlich gut ausgestattet: mit zwei Kochplatten (das gibt es sonst auch), mit Kühlschrank und vor allem mit fließend Wasser (Wasch- und Spülbecken) in der Hütte (normalerweise muss man zum Kochen, Wasserholen und Duschen in ein Haupthaus). Ich konnte mich also gut selber verpflegen, wie man sieht. Es gab Thermogetreide (mitgebracht) und Karotten, zubereitet mit meinem einfachen Campinggeschirr – der Deckel ist zugleich Pfanne und Teller.
Von dem einen Fenster aus hatte ich Blick auf die Stabkirche – eine richtig alte, echte, Ursprung im 12. Jahrhundert – und den reißenden Fluss.
Lom liegt in einem Tal, in dem sich mehrere uralte Verkehrswege treffen. Heute kommen die Touristen – von Einsamkeit keine Spur! Der Vorteil: es gibt etliche Läden, zum Einkauf hatte ich nur ein paar Schritte, und Restaurants (die ich aber wegen der Kosten nicht genutzt habe). Und dann, der Kontrast, an den warmen Abenden in der ersten Zeit wunderschöne Farbspiele am Himmel, die ein Foto nur unvollkommen wiedergeben kann.
Der Ort Lom liegt in der Nähe der drei großartigsten Gebirgsgegenden Norwegens – ich habe sie in der Karte selber grob eingetragen: das Dovrefjell nordöstlich, etwa bei Dombås an der Bahnstrecke nach Trondheim (von dort stammt übrigens meine Mutter), südöstlich bei Otta das Rondane und südlich, ziemlich nahe, das Jotunheim-Gebirge (das Reich der Riesen = Jötunen). Was ich vorher nicht wusste, obwohl ich den Ort schon kannte: Von hier aus fährt täglich (im Sommer) ein Linienbus ins Hochgebirge. Das habe ich mehrere Male genutzt: Ich hatte dann dort etwa sechs Stunden Zeit zum Wandern mit leichtem Gepäck (!), bis gegen 16 Uhr der Rückbus wieder fuhr.
Ein paar
Eindrücke vom Jotunheimgebirge, dem Reich der Riesen ... der
Blick zurück vom Wanderpfad aus auf die Spiterstulhütte,
die Endstation des Busses. „Hütte“ muss man hier mit Alm-
oder Sennhütten in den Alpen vergleichen, also auch Unterkünfte,
hier ziemlich umfangreich. Die Wanderpfade sind mit Steintürmchen
oder auch einem roten T markiert (= Turistvei, wörtlich
Touristenpfad, wobei das Wort Tourist hier eher den Wanderer
bezeichnet).
Hier (unten) sieht man ein solches Steintürmchen, das der Markierung dient. Dem alten Brauch nach hat jeder Wanderer, der vorüberkam (damals waren es noch wenige), einen weiteren Stein aufgesetzt – auch ich habe einen ganz kleinen Stein obenauf gelegt. Der Wanderpfad kann an solchen Stellen – in der Nähe der Übernachtungshütten – ziemlich ausgetreten sein – und tatsächlich: man trifft Menschen!
Der Anblick mit dem „Wackelstein“ hat mir besonders gut gefallen (unten).
Wasser gibt es überall in diesen Gebirgsgegenden (das ist der Vorteil gegenüber südlichen Ländern). Man kann es ohne weiteres trinken oder seine Flasche damit auffüllen. Es schmeckt viel besser als jedes Leitungswasser! (Foto unten)
Auf einem Schneefeld sah ich plötzlich zwei Rentiere (kein Foto), die hier wild leben (keine halbzahmen Herdentiere wie in Lappland). Erst, als sie weiterzogen, vom Schnee herunter, bemerkte ich die große Herde – sie waren zwischen den flechtenbewachsenen Granitbrocken bestens getarnt.
Zurück nach Lom: der Ort hat auch ein Freilichtmuseum, alte Bauernhäuser, eine kleine Schule, eine Holzkirche im Wald verstreut, tagsüber frei zugänglich. Das folgende Bild ist zwar technisch nicht perfekt (Gegenlicht, Reflexe auf der Linse), aber es gibt die Stimmung sehr gut wieder.
Und auf dem Gelände des Freilichtmuseums, zwischen den Bäumen, teils in den alten Häusern, habe ich etwas ganz Besonderes erlebt: eine Freilichtaufführung des großartigen Schauspiels „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen. Die Zuschauer mussten ab und zu, vor einer neuen Szene, weiterwandern zum nächsten Schauplatz. Das war am Sonntag, den 27. Juli 2008. Auch hiervon ein paar wenige Eindrücke:
Peer erzählt seiner Mutter vom Ritt auf dem Rentierbock – er ist ein Lügenbold!
Eine Szene vom Hochzeitstanz – mit alter Volksmusik und alten Tänzen. Auch dieses Bild ist nicht perfekt, gibt aber einen lebendigen Eindruck. Die Natur ist die beste Kulisse! Später wird Peer die Braut rauben ...
Solveig wartet auf Peer – fast bis ans Lebensende (bis zum Ende des Theaterstücks). Sie singt das berühmte „Solveigs Lied“, komponiert von Edvard Grieg.
Ich komme auf die Stabkirche zurück, die ich mir natürlich genauer angesehen habe. (Im Inneren darf man nicht fotografieren.) Die Drachenköpfe, habe ich jetzt gelesen, sind gar keine, sie sollen die vom Heiligen Geist beseelte Rede des Christen symbolisieren. (Manchmal, bei anderen Kirchen, wird auch die Zunge gezeigt.)
Alles ist aus Holz, auch die Dachschindeln, ganz ohne Nagel.
Berühmt sind die Stabkirchen auch wegen ihrer Schnitzereien mit „Bildern“ aus der nordischen Mythologie, besonders um das Portal herum. Bei aller Verwitterung kann man sie noch erstaunlich gut erkennen.
Meine Reise sollte bald zu Ende gehen. Zwei Nächte habe ich noch in Otta am Rondane übernachtet (die Strecke von Lom bis Otta wieder mit Norway bussekspress). Warum zwei Nächte? Ihr könnt es auch vielleicht denken: Um einen vollen Tag zu haben, denn auch hier gibt es eine Buslinie ins Hochgebirge. Am 6. August war ich rund sieben Stunden im Rondane.
Das Rondane ist in vielen Teilen rauer und kantiger. Außerdem war das Wetter inzwischen nicht mehr so strahlend hell. Dafür gab es interessantere Licht- und Schattenspiele!
Oben noch ein Beispiel. Manchmal dräute geradezu ein Unwetter, ich habe mich nicht so ganz weit von der Hütte entfernt. Aber ich bin NICHT nass geworden, auf der ganzen Reise habe ich nur kurze Schauer erlebt!
Bevor ich mich mit einem abschließenden Blüteneindruck verabschiede, möchte ich euch noch meine beiden Lieblingspflanzen vorstellen, wiederum in einer Montage: Rechts oben der Nordische Eisenhut – eigentlich eine typische Waldpflanze, aber an dieser Stelle im Jotunheim wuchs er auch über der Baumgrenze. Links unten die Zwergbirke: kleine rundliche Blättchen dem Boden aufliegend, dazwischen die Rentierflechte, von der sich die Rentiere kärglich ernähren.
Am nächsten Tag fuhr ich nach Oslo weiter, wo ich gegen 18 Uhr ankam. Eine Zwischenübernachtung, dann am 8. August bestieg ich gegen Mittag wieder den Euroliner. Es war schon ein merkwürdiges Gefühl, am Samstagmorgen gegen sieben wieder in Hannover zu sein und mit „Guten Morgen“ begrüßt zu werden.
Zum Abschluss zeige ich, wie versprochen, ein Blütenmeer von Weidenröschen nahe der Bushaltestelle (Endstation) im Rondane.
Für mich war es eine wunderbare Reise. Die wirklichen Erlebnisse weiterzugeben finde ich schwierig – aber ich hoffe, ich konnte doch wenigstens einen kleinen Eindruck vermitteln. Vielleicht konnte ich den einen oder anderen sogar anregen – zu Tipps stehe ich jederzeit zur Verfügung. Hilser til Norge – Grüße an Norwegen!
© Text und Bild: Dr. Helge Mücke
Hallo,
Norwegien ist wirklich ein der schönsten Land der Welt.
War schon dort 2001, und fliege nochmal hin im Juli.
Den Flug und das Hotel habe ich hier gebucht:
http://www.twenga.de/lander/hotel-norwegen-122.html
Kommentiert von: Klaus | 20. April 09 um 16:08 Uhr
Hallo Helge,
ein sehr schöner, anschaulicher und interessanter Bericht, über deine Norwegenreise.
Herzliche Grüße
Annette
Kommentiert von: Annette | 18. September 08 um 10:48 Uhr