Rudolf Steiner: Die Alchemie des Alltags; Rudolf Steiner und die Kunst der Gegenwart - Doppelausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg, Mai bis Oktober 2010
Ein Mensch betritt ein Museum und findet Obst und Gemüse vor, ausgelegt auf einer durchsichtigen Fläche in spiralförmiger Anordnung. Er möchte am liebsten zugreifen und schmecken, aber er ist ja in einem Museum. Einem kleinen Schild kann er entnehmen, dass es sich um biologisch-dynamisches Obst und Gemüse handelt. Oder: Ein Mensch betritt ein Museum und stößt auf ein großes vieleckiges, intensiv violettes Gebilde, in das er hineingehen kann. Er geht hinein und sieht anders.
Zwei Zugänge zu der faszinierenden zweifachen Ausstellung, die seit dem 13. Mai in Wolfsburg zu sehen ist: Rudolf Steiner, Die Alchemie des Alltags, und Rudolf Steiner und die Kunst der Gegenwart. "Noch nie wurde der 'Kosmos Steiner' so umfangreich dargestellt wie durch die beiden Ausstellungen ...", so sagt es der Pressetext.
Zwei Zugänge zu der Doppelausstellung, die nur beispielhaft sind, aber doch, denke ich, Wesentliches aussagen. Der eine Weg ist die Öffnung nach außen, in die Umwelt hinein, aber doch spiralförmig zu sich selbst zurückführend. Der andere Weg führt unmittelbar in einen Innenraum, ein Inneres mit starken Empfindungen, das Ergebnis eines intensiven Denkvorgangs ist. Zwei mögliche Wege zur Anthroposophie und zum Gesamtwerk Rudolf Steiners. Auf bewundernswerte Weise ist es den Ausstellungsmachern gelungen, die verschiedenen Möglichkeiten offen lassend zu erschließen, mit denen man sich Steiners Werk nähern kann.
Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, wurde vor nahezu 150 Jahren am 27. Februar 1861 im österreichisch-ungarischen Raum in Kraljevec (heute Kroatien) geboren; das hat man zum Anlass dieser ersten umfassenden Ausstellung genommen, die anschließend in Stuttgart (5. Februar bis 22. Mai 2011) und in Weil am Rhein (ab November 2011) zu sehen sein wird.
"Alchemie des Alltags" wurde vom Vitra Design Museum (Weil am Rhein) gestaltet - erfreulich gelungen bei einer Materie, die man zunächst als spröde empfinden kann. Schwierig finde ich nur den Titel - "Alchemie" passt nicht wirklich und verleitet dazu, an dunkle Zauberküchen zu denken. Esoterik des Alltags wäre sachlich richtiger, führt aber auch in die falsche Schublade ... Eher geht es doch darum, mit geistiger Klarheit (Bewusstsein) in den Alltag einzuwirken. Oder? Aber wenn die Ausstellung zu solchen Gedanken anregt, ist das ja auch schon ein gutes Ergebnis.
In dem anderen Teil der Ausstellung "... und die Kunst der Gegenwart" werden Werke zeitgenössischer Künstler ausgestellt, die sich in unterschiedlichem Grade von Rudolf Steiners "Kosmos" haben anregen lassen: von Giuseppe Penone über Tony Cragg und Katharina Grosse bis zu Bernd Ribbeck. Hinzu kommen Beispiele von Josef Beuys (1921 - 1986), der sich immer ausdrücklich als Anthroposoph bezeichnet hat, und dem 2003 verstorbenen Mario Merz. Naturgemäß wird einem nicht alles "gefallen", aber viele Werke und ihre Präsentation in dem Museum fand ich sehr beeindruckend.
Sehr empfehlenswert sind auch die beiden Kataloge mit einer Fülle an begleitenden Texten und Bildern.
Ausstellung noch bis zum 3. Oktober 2010 in Wolfsburg. Eintritt 8 Euro, ermäßigt 4 Euro. Geöffnet dienstags 11 bis 20 Uhr; mittwochs bis sonntags 11 bis 18 Uhr.
Das obere Foto zeigt die Installation von Mario Merz, deren langer Titel "Tavolo a Spirale ..." beginnt (erstmals 1976), also etwa Festliche Tafel in Spiralenform. Ein weiteres Werk desselben Künstlers mit dem Titel "Berglöwe" ist an der Wand sichtbar. Eigene Aufnahme, während die Ausstellung noch den letzten Feinschliff bekommt. © Dr. Helge Mücke, Hannover
Unteres Bild: Blick in die Ausstellung "Rudolf Steiner - Die Alchemie des Alltags", Nachbau einer polygonalen Farbkammer. Foto: © Marek Kruszewski
Text: Dr. Helge Mücke, Hannover
Nachbemerkung: Dieser Bericht gibt einen ersten Einblick und soll später ergänzt werden.
Und noch eine Nachbemerkung (14.7.): Die Ergänzung habe ich an anderer Stelle veröffentlicht. Lesen Sie also bitte hier weiter:
Ich lasse den Kommentar hier stehen, weil ja jeder Leser sich sein eigenes Bild machen können soll (es macht aber keinen Sinn, das hier weiter zu diskutieren).
Dies jedenfalls stimmt schon einmal nicht: "Sie geben das wieder, was die Ausstellungsmacher behaupten ..." - denn ich gebe besonders am Anfang meine eigenen Eindrücke wieder. Ich habe lediglich einen kurzen Satz aus dem Pressetext zitiert - wer Ohren hat zu hören, darf dabei durchaus ein Schmunzeln bemerken ...
Kommentiert von: Helge Mücke | 11. Oktober 10 um 13:49 Uhr
Sie geben das wieder, was die Ausstelluingsmacher behaupten, die sich von der Wissenschaft verabschiedet haben, und die Kunstgeschichte verdammten, um eine totalitäre Heilslehre zu popularisieren.
Mission im Museum – Rudolf Steiner in Wolfsburg und Stuttgart
http://rudolf-steiner.blogspot.com/2010/09/mission-im-museum-rudolf-steiner-in.html
Kommentiert von: Jens | 11. Oktober 10 um 13:17 Uhr