Gegenstrophen und Gegenstrophe: Lyrikfest und Blätter zur Lyrik in Hannover 2012 (und 2011)
Bitte Ergänzung nach der Veranstaltung (vom 28.9.) - weiter unten - beachten.
Auch in diesem Jahr - gerade heute - findet in Hannover wieder ein Lyrikfest statt. Anlass ist die Höltypreis-Verleihung für Lyrik, die aber in diesem Jahr an anderer Stelle stattfindet.
Michael Braun, Cornelia Jentzsch und Martin Rector moderieren. Es lesen die Autoren Klaus Merz, Alexander Nitzberg, Monika Rinck und André Rudolph. Das Duo melkbook mit Christian Buck und Alex Goretzki setzt musikalische Akzente dazu. Nach dem Abend könnte ich mehr dazu sagen.
Gleichzeitig gibt der Wehrhahn-Verlag einen weiteren Band der "Blätter zur Lyrik" mit dem Titel "Gegenstrophe" heraus - ein sehr verdienstvolles Unterfangen. Den neuen Band 4 habe ich noch nicht, ich komme aber beispielhaft auf Band 3 von 2011 zurück. Als Herausgeber zeichnen Michael Braun, Kathrin Dittmer und Martin Rector verantwortlich.
Das feine Buch in der Hand zu halten ist eine Freude: Es ist solide gebunden, fühlt sich angenehm an und ist hübsch anzusehen.
Schlägt man es auf, fällt schon im Inhaltsverzeichnis die klare Gliederung auf: "Premiere" zu Beginn, dann im "Porträt" Gedichtbeispiele einzelner Autoren, denen jeweils ein kurzer Essay, eine "Vorbemerkung" vorangestellt wird. Es folgen die Teile Essay und Dossier; letzteres rankt sich um den Hölty-Preisträger 2010 Paulus Böhmer (Laudatio, Textbeispiel, Vita und Bibliographie).
Auf den, der lose darin blättert, warten viele Entdeckungen und Überraschungen. Von Simone Kornappel, einer der Premieren, fällt ein kreisförmiges Bildgedicht ins Auge Michael Lentz, Dirk von Petersdorff, Marion Poschmann und Jan Wagner - sie alle schreiben in einer eigenen Farbe und erwecken Interesse. Ein paar Beispiele möchte ich später nachtragen*
Jetzt bin ich gespannt auf den heutigen Abend und kann nur anregen, ihn auch noch zu besuchen - Beginn 19.30 Uhr im Künstlerhaus, Sophienstr. 2.
Ergänzung nach der Veranstaltung am 28.9. 2012:
Der Abend war sehr anregend und informativ - so kann (sollte) man Lyrikabende gestalten: Wechsel zwischen Einführungen (durch die Moderatoren) und den Lesungen der einzelnen Autoren, durchmischt mit Musik des Duos melkbook (Alex Goretzki und Christian Buck), das war bunt und ließ keine Langeweile aufkommen.
Da ich bisher über den Abend wenig Material habe (das bekommt man erst mit dem nächsten Band (5) der "Gegenstrophe", der in einem Jahr gedruckt vorliegt), zitiere ich hier hauptsächlich aus der Darstellung, die das Literaturhaus zur Verfügung stellt.
Auch in diesem Herbst wird einigen der wichtigsten Stimmen deutschsprachiger Gegenwartsliteratur eine Bühne gegeben . Zunächst die Übersicht: "Einer
haiku-ähnlichen Konzentration und Treffsicherheit begegnen wir in den
Gedichten von Klaus Merz, während uns Andre Rudolphs Lyrik schräge
Schönheit, Melancholie und Aberwitz inmitten dessen zeigt, was man
Wirklichkeit nennt. Wir erleben das ganz gegenwärtige Spielen auf der
klassischen Klaviatur der Dichtung in den gereimten Zeilen Alexander
Nitzbergs und staunen über die Gleichzeitigkeit von Denkvergnügen und
Sinnverführung, wenn Monika Rinck als Stimmvirtuosin mal mit süßer, mal
mit höhnischer Stimme zu uns spricht."
Und im Einzelnen: "Mit Klaus Merz betritt ein Dichter die Gegenstrophen-Bühne, dem 'wenige Pinselstriche genügen, um zum Kern der Dinge zu gelangen und die
schwankenden Fundamente des Weltgebäudes freizulegen' (Michael Braun).
Merz‘ Werk ist geprägt von einem ganz eigenen, zurückhaltenden Ton,
einer schnörkellosen Sprache und einem hintergründigen Humor. In seiner
Lyrik zeigt er sich als Meister der Balance zwischen den Verheerungen
des Lebens und Momenten des Glücks, zwischen Alltagsszenen und ihrer
metaphysischen Tiefe. Seit vielen Jahren gehört der Schweizer Dichter,
1945 in Aarau geboren, zu den außerordentlichen Stimmen der
deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Zuletzt erschienen von ihm u.a.
die Erzählung LOS (2005), der Gedichtband Aus dem Staub (2010) sowie die ersten drei Bände der Werkausgabe Klaus Merz
(alle bei Haymon). Der in Unterkulm/Schweiz lebende Autor wurde mit
zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem
Friedrich-Hölderlin-Preis und Basler Lyrikpreis 2012." Weitere Informationen beispielsweise hier.
"Alexander Nitzberg, 1969 in eine Künstlerfamilie in Moskau
geboren, reiste 1980 nach Deutschland aus, wo er Musik, Germanistik und
Philosophie studierte. Sein literarisches Handwerk hat er u.a. von den
russischen Dichtern gelernt, von denen er viele (z.T. für unübersetzbar
gehaltene) ins Deutsche gebarcht hat. Nitzbergs eigene Lyrik scheut sich
nicht vor expressionistischen und surrealistischen Anklängen oder vor
traditionellem Versmaß und Reim. Peter Rühmkorf lobte seinen jungen
Dichterkollegen, dessen Texte "raffiniert gewendet, erfindungsreich
variiert, originell verarbeitet und mit Witz und Detailsinn in unsere
Zeit übersetzt" seien, sehr für dessen "poetischen Gleichniszauber".
2012 ist Nitzbergs neuester Gedichtband Farbenklavier bei
Suhrkamp erschienen – kosmische, magische, virtuose Verse. Nitzberg lebt
als mehrfach ausgezeichneter freier Schriftsteller, Übersetzer (zuletzt
von Bulgakows Der Meister und Margarita), Mitherausgeber der deutschen Daniil-Charms-Edition und Publizist in Wien. (http://www.nitzberg.de/)".
"Klangvoll, sprachreflexiv, kenntnisreich führt Monika Rincks
Lyrik in labile Zwischenreiche der Sprache. Das Schreiben von Gedichten
vergleicht sie mit einem 'rhythmischen Zeremoniell', gleich dem 'Nestbau', wobei ein Vers 'Schutz, Werbung und Verführung gleichermaßen
beherberge'. Ihre Lyrik steckt voller Imaginationskraft, intellektueller
Lebendigkeit und literarischer Anspielungen. Entsprechend sieht die SZ
eine großartige und originelle Dichterin am Werk, eine 'gelehrte
Lyrikerin' und meisterhafte Stimmenvirtuosin. Zuletzt erschien von ihr
bei kookbooks der Band Honigprotokolle (2012) mit mal süßen, mal
höhnischen, mal melancholischen Prosagedichten. Die vielfach (zuletzt
mit dem Berliner Kunstpreis Literatur 2012) ausgezeichnete Lyrikerin
lebt in Berlin und lehrte u.a. am Deutschen Literaturinstitut Leipzig.
Gemeinsam mit Ann Cotten und Sabine Scho tritt Rinck seit 2008 als Rotten Kinck Schow auf." Informationen auch beim poetenladen
"Andre Rudolphs Gedichte zeugen von Wirklichkeitsbewältigung
mittels melancholischem Humor und Aberwitz, von der Entdeckung und
Erfindung schräger Schönheit. Sie bestechen auf leichte, präzise und
selbstironische Weise und versprechen beim Lesen ein höchst "produktives
Vergnügen" (FAZ). Andre Rudolph, 1975 in Warschau geboren und in
Leipzig aufgewachsen, studierte Germanistik, Philosophie und Slawistik.
Sein Debütband fluglärm über den palästen unsrer restinnerlichkeit
(2009) erhielt wie seine Übersetzungen des polnischen Lyrikers Tadeusz
Dabrowski eine Platzierung auf der SWR-Bestenliste. Der als freier Autor
und Übersetzer in Leipzig lebende Rudolph wurde u.a. mit dem
Kranichsteiner Literaturförderpreis und dem Lyrikpreis Meran 2010
ausgezeichnet. 2012 erschien sein Gedichtband confessional poetry bei luxbooks." Weitere Informationen hier.
"Zum Lyrikfest erscheint die vierte Ausgabe unserer Zeitschrift Gegenstrophe. Blätter zur Lyrik
im Wehrhahn Verlag Hannover. Herausgegeben von Michael Braun, Kathrin
Dittmer und Martin Rector. Mit Texten und Gedichten von Nora Bossong,
Michael Braun, Kurt Drawert, Michael Fiedler, Christophe Fricker, Mara
Genschel, Cornelia Jentzsch, Christian Lehnert, Martin Rector, Marcus
Roloff, Ulf Stolterfoht, Sandra Trojan und Henning Ziebritzki."
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